Online-Dienste für Autofahrer prosperieren

Für die großen Automobilhersteller sind mobile Info-Dienste über das Internet mittlerweile Pflicht; doch die wirklich interessanten Angebote kommen erst noch.

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Von
  • Felix Rehwald
  • dpa

Sie bieten Orientierungshilfe in Großstädten, unterstützen bei der Routenplanung und geben Umleitungsempfehlungen bei Staus. Viele Autofahrer möchten die Vorzüge eines Navigationssystems nicht mehr missen. Doch verglichen mit den mobilen Infodiensten, die die Autohersteller neuerdings über das Internet anbieten, muten die Funktionen der elektronischen Pfadfinder begrenzt an. Über die neuen Online-Dienste lassen sich auch Nachrichten und Wetterberichte abrufen, Hotels suchen und ansteuern sowie Zimmer reservieren. Nach Ansicht von Experten sind die Möglichkeiten damit aber noch lange nicht ausgeschöpft.

BMW zum Beispiel bietet seit der Einführung des neuen 7ers für Fahrzeuge der Oberklasse-Baureihe den Internetdienst BMW Online an. Er ermöglicht nach Angaben von Jochen Müller, Sprecher des Automobilherstellers in München, den mobilen Zugang zu Hotel- und Restaurantverzeichnissen, Branchendiensten, einem Nachrichtenticker und Wetterinformationen. Außerdem lassen sich die Adressdaten ins bordeigene Navigationssystem übernehmen. Auch das Abrufen und Verschicken von E-Mails aus dem Auto heraus ist möglich.

Bislang ist BMW Online den Fahrern des neuen 7ers vorbehalten. Ein entscheidender Grund dafür ist laut Müller, dass zur Nutzung noch das iDrive-Bediensystem der Baureihe mit dem Dreh-Druckknopf auf der Mittelkonsole benötigt wird. Erst nach einer Anpassung an die jeweilige Fahrzeugtechnik sollen die mobilen Online-Dienste auch in anderen Baureihen verfügbar sein. Bis dahin würden sie für den 7er kontinuierlich ergänzt. Eine Version, die in rund 80 Großstädten auch die Suche nach Parkplätzen und Apotheken ermöglicht, will BMW bei der diesjährigen Computermesse CeBIT in Hannover vorstellen.

In ähnlicher Form soll BMW Online einmal auch im neuen Mini der gleichnamigen Konzernmarke erhältlich sein, für den BMW eine Nachrüstlösung auf PDA-Basis entwickelt. Sie besteht laut Sprecherin Sandra Schillmöller aus den Komponenten HP iPAQ, Mobiltelefon und GPS-System zur satellitengestützten Positionsbestimmung, die mit Fahrzeugelektronik und Navigationssystem verbunden sind. Eine erste Version des Mini PDA, mit der zunächst nur die Navigation möglich sein wird, soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.

Bereits erhältlich ist die Nachrüstlösung, die DaimlerChrysler für die A-Klasse von Mercedes-Benz zur Nutzung des Mercedes-Benz-Portals anbietet. Auch sie besteht nach Angaben von Konzernsprecherin Anna Leonie Wöhler in Stuttgart aus dem Pocket-PC Compaq iPAQ, der sich unterwegs per Fingertip bedienen lässt, einer GPS-Antenne und einem Mobiltelefon. Als Funktionen stehen neben einem Routenplaner und Staumelder auch die Umkreissuche nach Tankstellen, Hotels, Restaurants und Apotheken sowie E-Mail- und Adressdienste zur Verfügung. Außerdem lassen sich Flüge und Konzerttickets buchen.

Die angezeigten Adressen können wie beim Mini PDA von BMW direkt angesteuert werden. Allerdings erfolgt die Navigation laut Wöhler über ein so genanntes Off-Board-Navigationssystem, bei dem die Ortsangaben per Mobilfunk zum Fahrzeug übertragen werden. Das komplette Paket, das der Hersteller eventuell auch für andere Baureihen anbieten will, kostet 1799 Euro. Für die Nutzung werden vom zweiten Jahr rund 220 Euro jährlich fällig. Dazu kommen die Kosten für die Datenübertragung.

Auf einen eigenen Internet-Dienst können mittlerweile auch Fahrer des Kompakt-Vans Opel Zafira zugreifen. Beim OnStar-Car Web des Autoherstellers aus Rüsselsheim sind nach Angaben von Sprecher Nick Kelter zum Beispiel Routen- und Verkehrsinformationen, Stadtführer mit Angaben zu Hotels, Restaurants und Sehenswürdigkeiten sowie ein Organizer mit Kalender- und Adressbuchfunktion verfügbar. Basis des bisher nur ab Werk erhältlichen und ebenfalls per Fingertip zu bedienenden Systems ist wiederum der Pocket-PC Compaq iPAQ.

Das Komplettsystem inklusive Mobiltelefon und PDA kostet 2290 Euro. Dafür ist die Nutzung nach einmaliger Anmeldung kostenlos. Autofahrer müssen nur für die Telefongebühren aufkommen. Eine Ausweitung des OnStar Car Webs auf andere Baureihen sei vorerst nicht geplant, so Kelter. Opel wolle zunächst Erfahrungen mit der Akzeptanz mobiler Online-Dienste bei den Autofahrern sammeln.

Zumindest die Experten sind bisher eher skeptisch. So hält Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Center of Automotive Research (CAR) der Fachhochschule Gelsenkirchen die derzeit angebotenen Dienste allenfalls für "bessere Reiseführer". Er wertet sie als Versuch der Hersteller, im Bereich der Online-Dienste Fuß zu fassen. "Was für Autofahrer wirklich interessant ist, das kommt erst noch."

Dazu zählt Dudenhöffer mobile Online-Dienste, die dem Fahrzeug direkt dienen -- etwa Angebote zur Fernwartung, bei denen das Werk den Fehlerspeicher des Fahrzeugs ausliest und den Fahrer bei Problemen warnt. Auch von Navigationsdiensten, die auf die Verkehrssituation in unmittelbarer Umgebung reagieren, indem sie etwa auf Unfälle hinter Kurven oder Kuppen hinweisen, verspricht sich Dudenhöffer mehr Akzeptanz bei Autofahrern: "Das kann ihnen keiner bieten. Für die Umkreissuche können sie auch einen Reiseführer nehmen."

Entsprechende Dienste sind bereits in Vorbereitung. So sollen laut DaimlerChrysler-Sprecherin Wöhler über das Mercedes-Benz-Portal einmal auch Fahrzeuginfos abgerufen werden können. Und BMW erprobt Sprecher Müller zufolge die Reservierung von Parklücken aus dem Auto heraus sowie ein Navigationssystem mit "dynamischer Routenführung". Dieses berücksichtige über Sensoren die Situation im direkten Fahrzeugumfeld und von Verkehrsplanern gewünschte Verkehrsflüsse gleichermaßen. Die erfassten Daten tauschen die Fahrzeuge dabei untereinander aus. (Felix Rehwald, dpa) / (pmz)