Online-Rollout der elektronischen Gesundheitskarte beschlossen

Spitzenverbände der Leistungserbringer und Krankenkassen haben die nächste Stufe bei der Einführung der Gesundheitskarte gezündet und sich damit deutliche Kritik von Seiten der Softwarehersteller eingefangen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Spitzenverbände Leistungserbringer und die Krankenkassen haben die Umsetzung des bundesweiten Online-Rollouts beschlossen, teilt das mit der Einführung der Gesundheitskarte betraute Unternehmen Gematik mit. Die dabei zunächst ins Auge gefassten Online-Funktionen sind der Versicherten-Stammdatendienst und die "Mehrwertkommunikation" der Leistungserbringer, der sogenannte elektronische Arztbrief. Diese Neuorientierung verärgert vor allem die Hard- und Softwarehersteller.

Nach der Aufstellung der Kartenterminals und der Ausgabe der neuen Gesundheitskarten soll dem Gematik-Beschluss zufolge der Online-Rollout frühestens zwei Monate später beginnen. Der Online-Rollout soll für die Ärzte grundsätzlich freiwillig sein. Darüber hinaus müssen die Finanzierungsvereinbarungen abgeschlossen sowie alle notwendigen Komponenten (vor allem die VPN-Konnektoren) endgültig zugelassen und am Markt verfügbar sein. "Dezentrale Komponenten dürfen nach dem Rollout zu Migrationszwecken nicht mehr ausgetauscht werden", heißt es außerdem in dem Beschluss. Mit der Vereinbarung, den Versicherten-Stammdatendienst und den elektronischen Arztbrief bei diesem Rollout zu priorisieren, hat die Gesellschafterversammlung für Zündstoff gesorgt.

Eine Begründung für die Bevorzugung dieser Dienste gibt die Gematik nicht, stattdessen heißt es nur erklärend: "Die Versichertenstammdatendienste, die von den gesetzlichen Krankenkassen betrieben werden, ermöglichen eine Online-Prüfung und Aktualisierung der Versichertenstammdaten auf der Karte, beispielsweise nach einem Umzug des Versicherten, Änderung des Versicherungsverhältnisses oder eine Sperrung bei Verlust. Die 'Mehrwertkommunikation Leistungserbringer' erlaubt den zielgerichteten Austausch von medizinischen Informationen beispielsweise zwischen Ärzten, Krankenhäusern oder Zahnärzten."

Bei den Software-Herstellern von Praxis- und Apothekenverwaltungssystemen stößt der Beschluss zum Online-Rollout auf Unverständnis. "Es ist der nackte Wahnsinn, uns fehlen die Worte. Wir haben den Versicherten-Verordnungsdienst (elektronisches Rezept) und das Anlegen des Notfalldatensatzes implementiert und getestet. Stattdessen soll nun der Arztbrief forciert werden", erklärte ein Hersteller gegenüber heise online. "Der ist mit seiner Signatur-Problematik eine völlig andere Baustelle."

Der Beschluss zum Online-Rollout ist hier eindeutig: "Die Planungen und Tests der im Konzept nicht berücksichtigten Funktionsabschnitte der Telematikinfrastruktur (eRezept, Notfalldaten und Release 3) werden dem Online-Rollout nachgelagert", heißt es im Protokoll der Gesellschafterversammlung, die Mehrwert-Anwendungen und weitere Tests als Akzeptanzförderung begründet. Die weiteren Tests sollen so gestaltet werden, "dass eine deutlich höhere Nutzungsfrequenz der Anwendungen erwartet werden kann und damit Ergebnisse erzielt werden, die eine adäquate Bewertung der Tauglichkeit der Anwendungen für den alltäglichen Einsatz ermöglichen."

Auch die Hersteller der beim Online-Rollout zum Zuge kommenden Konnektoren sind nicht begeistert, obwohl für sie endlich der Zeitpunkt kommt, an dem ihre längst entwickelten Systeme auf den Markt kommen können. Sie stören sich an neuen, von der Gematik veröffentlichten Konnektor-Spezifikationen. Dabei wurden die SOAP-Beschreibungen vielfach geändert. "Alle Konnektoraufrufe liefern nun "GERROR" anstelle von "ERROR" zurück, andere Fehlercodes und ein völlig abweichendes Informationsmodell. Die Konnektorhersteller und PVS-Hersteller müssen quasi von Null anfangen und werden daraus Konsequenzen ziehen", so der Sprecher eines verärgerten Konnektor-Produzenten. (Detlef Borchers) / (vbr)