Online-Shopping: EU-Parlament grenzt Geoblocking ein
Die Abgeordneten haben für einen Verordnungsentwurf gestimmt, laut dem Händler und Dienstleister Kunden aus anderen Mitgliedsländern künftig nicht mehr den Zugang zu ihren Online-Angeboten verwehren dürfen.
"Ungerechtfertigtes Geoblocking" im E-Commerce soll in der EU bald der Vergangenheit angehören. Das EU-Parlament hat am Dienstag mit 557 zu 89 Stimmen bei 33 Enthaltungen einen Verordnungsentwurf befürwortet, laut dem Händler und Dienstleister künftig Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten nicht mehr pauschal den Zugang zu ihren Online-Portalen verwehren oder sie automatisch zu einer anderen, möglicherweise teureren Webseite im Herkunftsland der Nutzer umleiten dürfen. Die Abgeordneten bestätigten damit einen Kompromiss, auf den sie sich ihre Verhandlungsführer im November mit Vertretern des EU-Rats geeinigt hatten. Nun muss der EU-Rat den Entwurf noch formell bestätigen.
Der Kompromiss bedeutet aber nicht das Ende von Geoblocking: Digitale Medien wie E-Books, Filme und Computerspiele machten weiterhin an Ländergrenzen halt. Die neuen Regeln treten neun Monate nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft, also vermutlich Ende 2018.
Umleitung nur mit Zustimmung
Mit den neuen Bestimmungen sollen Bürger im gesamten Binnenmarkt über das Internet etwa neue elektronische Geräte oder Konzerttickets kaufen oder ein Auto ebenso mieten können wie in ihrem Heimatland. Händler dürfen dabei beispielsweise nicht mehr verlangen, dass Kunden mit einer EC- oder Kreditkarte bezahlen müssen, die in einem speziellen Staat ausgestellt wurde. Unternehmen sollen größere Rechtssicherheit erhalten, wenn sie grenzüberschreitend Geschäfte treiben.
Nutzer dürfen nur auf ein nationales Portal umgeleitet werden, wenn er dem "ausdrücklich zugestimmt" hat. Auch soll dafür eine Voreinstellung in einem persönlichen Kundenkonto ausreichen. Die ursprünglich angesteuerte Webseite muss dabei aber weiterhin leicht zugänglich bleiben. Die neuen Verbote gelten nicht, wenn ihnen übergeordnete rechtliche Sperrpflichten entgegenstehen. Der Nutzer muss darauf aber hingewiesen werden.
Preisdiskriminierung bleibt prinzipiell möglich
Nicht mehr von vornherein ausgeschlossen werden darf ein Verkauf etwa, wenn ein Händler keine Liefermöglichkeiten in ein anderes EU-Land vorgesehen hat. Hier soll es dem Kunden gestattet werden, die gewünschte Ware selbst abzuholen oder eine Zustellung zu arrangieren. Für elektronisch verfügbare Dienste wie das Hosting einer Webseite dürfen Anbieter ferner keinen Aufschlag mehr für Kunden in anderen Mitgliedsstaaten verlangen. Tickets für einen Vergnügungspark oder ein Konzert in einem EU-Land müssen direkt dort erwerbbar sein ohne einen nationalen, in der Regel teureren Zwischenhändler.
Hinter dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission bleibt der verabschiedete Entwurf teils zurück. Er orientiert sich stärker an der Position der Mitgliedsstaaten. So werden Händler nicht verpflichtet, angebotene Waren oder Services auch tatsächlich an einen Interessenten zu verkaufen. Eine Preisdiskriminierung bleibt prinzipiell möglich; Anbieter können also Kunden aus anderen EU-Staaten in begründeten Fällen einen Aufschlag berechnen. Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gelten aber nicht mehr als Grund, um ein Online-Geschäft zu verweigern. (anw)