Open Access: Rechtlicher Leitfaden fĂĽr die Praxis
Die Rahmenbedingungen für den freien Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind auch für Juristen Neuland.
Was "Open Source" für die Software-Entwicklung bedeutet, ist "Open Access" für die Wissenschaft – eine Bewegung, die zur Förderung des freien Austauschs wissenschaftlicher Erkenntnisse ein alternatives Publikationsmodell für Forschungsergebnisse propagiert. Die Aufsätze und Berichte, in denen Forscher die Ergebnisse veröffentlichen, sollen im Internet für jedermann kostenlos zugänglich sein und Hochschul- oder Institutsbibliotheken die Veröffentlichungen aus der von der öffentlichen Hand ohnehin stark subventionierten Forschung nicht erst von kommerziellen Wissenschaftsverlagen wieder zurückkaufen müssen.
Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts Mediaconomy der Universität Göttingen ist jetzt am Lehrstuhl des Juristen Gerald Spindler eine Studie zu den rechtlichen Rahmenbedingungen entstanden, unter denen "Open Access"-Publikationen heute in der Bundesrepublik schon möglich sind. Autoren, die ihre Arbeiten auf ihrer Homepage selbst ins Netz stellen oder sie über einen institutionellen Publikationsserver beziehungsweise in einem der zahlreichen Open-Access-Journale frei zugänglich machen wollen, ohne dabei gleich sämtliche Rechte an der Weiterverwendung der Veröffentlichung aufzugeben, finden in dem 230-seitigen Werk einen Leitfaden. Er stellt nach einer Einführung in das Urheberrecht unter anderem auch die möglichen Nutzungseinschränkungen durch die Creative-Commons-Lizenz (CCPL) oder die Digital Peer Publishing License (DPPL) vor und diskutiert sie in verschiedenen Fallkonstellationen.
Ist es beispielsweise zulässig, dass ein Dritter eine Publikation, für welche der Autor per CCPL die kommerzielle Weiterverwendung ausgeschlossen hat, in einen Sammelband aufnimmt? Nur, wenn dieser unentgeltlich abgegeben wird, sagt der Leitfaden; das Sammelwerk selbst müsse aber nicht unter der CC-Lizenz stehen. Unter der DPPL hingegen ist die Einbeziehung in einen Sammelband ausdrücklich erlaubt.
Die ursprünglich für künstlerische Werke geschaffene Creative-Commons-Lizenz "bietet demjenigen, der sein Werk unter Open Access stellen will, eine gute Grundlage", heißt es in der Studie; sie sei "für den Einsatz auch für deutsche Werke gut geeignet". Die im Rahmen der nordrhein-westfälischen Initiative "Digital Peer Publishing NRW" (DiPP) speziell für wissenschaftliche Veröffentlichungen in E-Journalen konzipierte DPPL sei "allerdings wesentlich differenzierter ausgestaltet". So unterscheidet sie zwischen Internet- und Print-Veröffentlichungen, und der Urheber kann mit ihr auch die Freigabe des Werkes zur Bearbeitung auf bestimmte Teile beschränken.
Zu den rechtlichen Hintergründen der "Free und Open Source"-Software existieren bereits etliche Studien, so insbesondere des Instituts für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS); bei "Open Access" hingegen betreten die Autoren des Göttinger Juristischen Seminars, wie sie selbst anmerken, Neuland. Sie begrüßen deshalb alle kritischen Kommentare, die zur weiteren Verbesserung des Leitfadens dienen können. (Richard Sietmann) / (jk)