Open-Source-Adventskalender: Das Bildbearbeitungsprogramm Gimp
Von 1. bis zum 24. Dezember 2021 hat heise online jeweils ein "Kalendertürchen" mit dem Porträt eines Open-Source-Projekts geöffnet.
13. Dezember: Das Bildbearbeitungsprogramm Gimp
Gimp kommt ohne formale Struktur aus und wird von einer losen Community getragen. Eine der Schlüsselpersonen des Projekts ist ein Buchhändler aus dem Allgäu.
Schnipp schnapp: Mit Gimp, dem GNU Image Manipulation Program, kann man mit wenigen Klicks und wenig Grafik-Know-how Urlaubsfotos zurechtschneiden. Das PC-Programm ermöglicht aber auch komplexe Bildbearbeitung. Gimp steht unter einer GNU GPLv3-Lizenz. Eine Smartphone-Version gibt es nicht, und es ist auch keine in Planung, sagt Michael Natterer, einer der Hauptentwickler.
Zahlen zur Verbreitung kann er nicht liefern. Die erfasse man nicht, ebenso könne er nichts über Download-Zahlen sagen. Die hätten sowieso wenig Aussagekraft, da Gimp standardmäßig von einem der externen Mirror-Server heruntergeladen und von verschiedenen Linux-Betriebssystemen eigenständig als Teil der jeweiligen Softwarepakete ausgeliefert wird. Das Projekt gehe aber davon aus, dass Gimp weit verbreitet ist.
Nichts Formales im Hintergrund
Zu fast allen Open-Source-Projekten gehört irgendeine Organisation, die zumindest Spenden entgegennimmt und die Markenrechte hält. Bei Gimp gibt es keinerlei formale Struktur, erzählt Natterer im Gespräch mit heise online. Ausschließlich die gemeinsame Arbeit hält die Community zusammen. Spenden nimmt die US-amerikanische Gnome Foundation für Gimp entgegen. Über die Spenden-Aboplattform Liberapay erhält Gimp pro Woche etwa 100 Euro von 160 regelmäßigen Förder:innen.
Alternativ kann man direkt an drei Community-Mitglieder spenden, die an aktuellen Projekten arbeiten. Eine Übersicht auf Gimp.org listet 371 Personen auf, "die Gimp ermöglicht haben": 323 Leute haben Code beigesteuert, 15 am Design mitgearbeitet und 29 an der Dokumentation. Das sind allerdings alle, die in der 25-jährigen Geschichte irgendwann einmal etwas beigetragen haben, so Natterer. Die Größe der gerade aktiven Community bewege sich im niedrigen zweistelligen Bereich.
IRC-Chat und ausgefallene Real-Life-Treffen
Einen zentralen Anlaufpunkt für die Community gibt es nicht. Viel an Kommunikation läuft über IRC-Chatkanäle. Hinzukommen kommen einige Foren. Eine besondere Rolle spielt Pixls.us. Der Maintainer des Forums, in dem es um die Schnittmenge von Fotografie und Open-Source-Software geht, ist seit Langem auch bei Gimp aktiv. Ein- bis zwei Mal pro Jahr trifft sich die Kern-Community, meist fünf bis zehn Leute. In normalen Zeiten zumindest: Die Pandemie sei auch für das Gimp-Projekt frustrierend, klagt Natterer. Diese In-Echt-Treffen fehlen seit bald zwei Jahren einfach.
Mitte der 90er Jahre
Wie viele Open-Source-Programme begann auch Gimp als Uniprojekt. Erfunden haben es Spencer Kimball und Peter Mattis, zwei Informatik-Studenten an der University of California, Berkeley. Mitte 1995 kĂĽndigten sie Gimp in verschiedenen Newsgroups an, als freie Alternative zum kommerziellen und kostenpflichtigen Adobe-Programm Photoshop.
Im Februar 1995 erschien eine erste, noch unfertige Beta-Version, die sie kontinuierlich weiterentwickelten. Im Juni 1998 war Version 1.0 fertig. Die beiden Väter der Software hatten sich kurz vorher aus dem Projekt herausgezogen.
"Und zack – war ich dabei"
Als einer der beiden Hauptentwickler wird auf der Gimp-Seite heute Michael Natterer genannt, der seit den frühen Tagen bei Gimp aktiv ist. Natterer wohnt in der baden-württembergischen Stadt Wangen im Allgäu und ist Buchhändler.
Auch seine Laufbahn beim Gimp-Program begann in der Studienzeit. Er hatte es einfach benutzt, einen Fehler entdeckt und nach dem Motto "Kann ja nicht so schwer sein" den Quellcode heruntergeladen: "Stunden später war ein Patch fertig und das war mein erster Gimp-Hack. In den folgenden Semesterferien hab ich mich dann als Freiwilliger gemeldet ('Gebt mir etwas zu tun'). Und zack – war ich dabei."
Die Arbeit an der Artikelreihe basiert in Teilen auf einem „Neustart Kultur“-Stipendium der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, vergeben durch die VG Wort.
Siehe auch:
- GIMP bei heise Download
(bme)