Oracle Open World 2009: Larry’s Late Night Show

Traditionell behält sich Mr Oracle vor, die wichtigsten Neuerungen auf der Schluss-Keynote der Oracle-Hauskonferenz zu präsentieren. Neben den gewohnten Seitenhieben gegen IBM hob Ellison die nächstes Jahr zu erwartenden Fusion Applications heraus.

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Von
  • Alexander Neumann

Die letzte Keynote der Oracle Open World 2009 ist immer für Überraschungen gut, denn Mr Oracle – Larry Ellison – behält sich traditionell vor, hier die wichtigsten Neuigkeiten persönlich zu verkünden. Für eine erste, kleine Überraschung sorgte allerdings der Auftritt von Roger Daltrey, Gründer und Sänger der Rockgruppe "The Who". 15 Uhr sei zwar nicht ganz seine Zeit, er verspreche aber bis zum Abend zu seinem Auftritt im Rahmen der Abendveranstaltung wieder fit zu sein.

Als erstes gab Ellison ein Update zum Stand von Oracle Enterprise Linux. Er referierte über eine von HP in Auftrag gegebene Studie, laut der 65 Prozent aller Oracle-Datenbanken mit Linux-Installationen unter Oracle Enterprise Linux laufen würden. Ihn habe der damit verbundene große Abstand zu Red Hat selbst überrascht, so Ellison.

Einen ersten Eindruck davon, wie die Zukunft nach dem anstehenden Merger zwischen Sun und Oracle aussehen könnte, gab Ellsion bei der Vorstellung der Datenbankmaschine Exadata Version 2. Sie ist laut Oracle mindestens zweimal schneller als ihr Vorgänger Exadata Version 1, der bisher zumindest im Data-Warehousing-Umfeld als schnellster Rechner der Welt galt. Erreicht wurde diese enorme Performanzsteigerung unter anderem durch ein geschickt aufgebautes, hierarchisches Speichersystem und der damit einhergehenden Vermeidung von Disk-I/O-Zugriffen.

Dank eines bis zu 5 Terabyte bewältigenden FlashFire-Speichers lässt sich ein Großteil der Datenbankoperationen im Cache ausführen. Eine zusätzliche Datenkompression um den Faktor 3 sowie eine Optimierung der Oracle 11g R2 auf "in memory Query Processing" ermöglicht so bis zu einer Million I/O-Transaktionen pro Sekunde. Noch stärker wirkt sich der Vorteil des neuen Rundum-sorglos-Pakets aus den Häusern Oracle und Sun bei Data-Warehouse-Anwendungen aus, da dort eine stärkere Kompression mit dem Faktor 10 verwendet werden kann. So können bis zu 50 Terabyte Daten im Cache abgehandelt werden.

Verglichen mit dem schnellsten IBM-Rechnern (DS8300 Turbo) ist Exadata V2 – laut Oracle – bei OLTP (Online Transaction Processing) viermal schneller bei gleichen Kosten. Bei Data-Warehouse-Anwendungen soll das neue Exadata IBM sogar um den Faktor 20 schlagen. "It is the fastest business computer that was ever build“, so Ellison stolz. Um das zu untermalen, äußerte Ellison noch einmal die bereits früher verkündete Einladung aus: 10 Millionen US-Dollar bekommt derjenige, der eine aktuell auf IBM laufende Datenbankanwendung zeigt, die Oracle auf Exadata 2 nicht mindestens um den Faktor 2 beschleunigt bekommt.

Neben der Leistung und der Tatsache, dass der Kunde ein von der Datenbank bis zum Storage-Disk-System optimal integriertes System erhält, spricht laut Ellison auch der Preis klar für Exadate Version 2. Die Entwicklerversion gibt es "schon" für knapp 100.000 US-Dollar. Ein Full Rack schlägt zwar mit 1,15 Mio Dollar zu Buche, aber dank des modularen Aufbaus ist auch der Kauf eines viertel oder halb gefüllten Racks möglich. Somit scheint Exadata V2 auch im Bereich Preis/Performanz unschlagbar zu sein.

Nach diesem doch sehr technischen Teil der Keynote kam ein weiterer Überraschungsgast auf die Bühne: Der Gouverneur von Kalifornien, Mr. Arnold Schwarzenegger. Schwarzenegger referierte über die große Bedeutung von Technologie und Fortschritt – ein Wort, dass in seiner Rede gefühlte 1000-mal verwendet wurde – und nahm sich dabei mehrmals selbst auf den Arm. Wie hätte er jemals Mr Universe werden können, ohne die hervorragende "Trainings-Technology" in den USA. Ganz zu schweigen von der "Food Technology", die ihm damals reichlich Muskeln beschert hat.

Welche globale Bedeutung Fortschritt in der IT auch für die Umwelt haben kann, zeigte Schwarzenegger anhand der aktuell für die Rechnerparks in Kalifornien benötigten Energie auf. Rechnersysteme, die den Stromverbrauch gegenüber ihren Konkurrenten bei gleicher Performanz deutlich verringern, seien die Zukunft. Da trifft es sich gut, dass Ellison kurz zuvor den deutlichen Vorsprung im geringeren Energieverbrauch von Exadata V2 im Vergleich zu IBMs Highend-Rechnern beschrieben hat. Auch zum Merger zwischen Oracle und Sun bezog Schwarzenegger klar Stellung und hob dessen Bedeutung für Kalifornien hervor.

Ein weiteres Thema der Keynote war eine neue von Ellison vorgestellte Strategie zur Verbesserung des Produkt-Supports. Die Grundidee ist so einfach wie genial: "Community based information sharing“. Um diese Idee zu realisieren, stellt der Produktkunde Oracle seine gesamte Konfigurationsinformation zur Verfügung, die gemeinsam mit den Konfigurationen der anderen Kunden in einer riesigen zentralen Konfigurationsdatenbank gesammelt werden. Tritt bei einem Kunden ein Problem auf, kann Oracle via Data Mining gezielt auf alle Kunden zugehen, die eine gleiche oder ähnliche Installation vorliegen haben. Der Kunde bekommt so Patches und Lösungen vorgeschlagen, bevor das Problem überhaupt bei ihm eingetreten ist.

Man fragt sich natürlich wieso es ähnliche Lösungen nicht schon gibt. Die Antwort ist einfach. Bisher fehlen die Daten, die eine sinnvolle Auswertung und Verdichtung der Problem – und somit auch die "proaktive" Unterstützung potenziell Gefährdeter – erst möglich machen. Realisierbar ist das Projekt natürlich nur, wenn auch die Kunden mitspielen und ihre explizite Erlaubnis geben, ihre Konfigurationsdaten zu sammeln und auszuwerten.

Die meisten Gerüchte gab es im Vorfeld zu den Fusion Applications, einer schon vor längerer Zeit angekündigten, modular aufgebauten und hochintegrativen Familie von Anwendungen. Auch hierzu bezog Ellison Stellung. Die Fusion Applications in der Version 1 setzen zu 100 Prozent auf der Fusion Middleware auf und seien dank SOA-Ansatz als "Next Generation Application" zu sehen, so Ellison. Die zugehörige, modulare Suite besteht zurzeit unter anderem aus Anwendungen aus den Bereichen

  • Financial Management
  • Human Capital Management
  • Sales and Marketing
  • Supply Change Management
  • Projetct Portfolio Management
  • Procurement Management
  • Governance Risk and Compliance

Interessant ist vor allem Oracles Strategie für Kunden bestehender Oracle-Anwendungen oder von Drittanbietern wie Siebel und PeopleSoft. Dank des SOA-Ansatzes lassen sich alte und neue Anwendungen gemeinsam verwenden und zum Beispiel via BPEL (Business Process Execution Language) integrieren. Ellison betonte, dass auch weiterhin viel Geld in die Weiterentwicklung bestehender Anwendungen wie denen von Siebel investiert werden wird. Trotzdem sei die nächste Generation an Anwendungen ein notwendiger und logischer Schritt. "You have the choice to move if you want to when you want to", so der Oracle-Chef. Die Veröffentlichung der Fusion Applications versprach er für das nächste Jahr. (Lars Röwekamp) (ane)