PR-Schlacht nach Rücktritt von HP-Chef Mark Hurd

Der überraschende Rücktritt des CEO von Hewlett-Packard und die Veröffentlichung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe konnten die Spekulationen um die Hintergründe nicht stoppen. Stattdessen füttern auch die PR-Berater der Beteiligten die Medien weiter mit Details.

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Auch mit dem überraschenden Rücktritt von Mark Hurd als CEO von Hewlett Packard (HP) ist die Affäre für den US-Computerhersteller noch nicht ausgestanden. Im Gegenteil: Beide Seiten haben ihre Spezialisten für Krisen-PR, die offenbar die Medien mit immer neuen Details füttern. Als anonyme Quellen tauchen solche Spin-Doktoren in Berichten auf und versuchen, ihre Auftraggeber möglichst gut aussehen zu lassen. Die Medien greifen jeden Schnipsel begierig auf, immerhin geht es in diesem Fall um angebliche sexuelle Belästigung und eine ehemalige Schauspielerin, die vor Jahren in ein paar Erotikthrillern mitgespielt hat.

Unter dem ganzen Spin gewinnt das noch immer unscharfe Bild der Abläufe langsam an Kontur. Jodie Fisher hatte zwischen Ende 2007 und Anfang 2009 auf HP-Marketing-Veranstaltungen dafür gesorgt, dass wichtige Kunden ihre fünf Minuten mit dem HP-Chef bekommen. Nach solchen Veranstaltungen sollen Fisher und Hurd noch gemeinsam zu Abend gegessen haben, teils auch in Gesellschaft weiterer Gäste, heißt es weiter. Insgesamt soll es etwa zwölf solcher Treffen gegeben haben.

Laut einem Bericht des Wall Street Journal vom Donnerstag beschwerte sich Fisher im Juni schriftlich bei Hurd, sie bekomme keine Aufträge von HP mehr, weil sie nicht mit dem CEO schlafen wolle. Hurd habe die HP-Führung über den Brief informiert, heißt es weiter. Die vom Verwaltungsrat daraufhin eingeleitete Untersuchung stellte keine sexuelle Belästigung fest. Hurd selbst weist den Vorwurf nach wie vor kategorisch zurück und erklärte, Fisher auch keine Avancen gemacht zu haben. Fisher selbst sorgte nach dem Rücktritt zusätzlich für Verwirrung mit der Aussage, sie habe keinerlei Affäre oder sexuelle Beziehung mit dem HP-Chef gehabt.

Gescheitert ist Hurd, dem ein Hang zum Micro-Management nachgesagt wird, an seinen eigenen hohen Maßstäben und den von ihm eingeführten klaren Abrechnungsstandards – das ist die offizielle Version. So kam im Zuge der internen Untersuchung offenbar heraus, dass Fishers Name entgegen dieser Regeln nicht auf einigen Honorar- und Spesenabrechnungen von Hurds Büro auftaucht. Damit habe Hurd versucht, eine private Beziehung zu vertuschen, und damit gegen HP-Abrechnungstandards verstoßen, lautet das Diktum des Verwaltungsrats. Hurds Lager liefert dazu die Version, der CEO habe die Abrechnungen gar nicht selbst gemacht.

Allerdings ist kaum zu glauben, dass der CEO des PC-Weltmarktführers wegen eines fehlenden Namens auf einer Bewirtungsrechnung gefeuert wurde. Aus den gezielten Indiskretionen der vergangenen Tage setzt sich langsam das Bild eines Zerwürfnisses zwischen Hurd und dem Verwaltungsrat zusammen. In dem Kontrollgremium wuchsen im Laufe der Untersuchung offenbar Zweifel, der CEO habe sich im Verhältnis zu Fisher nicht korrekt verhalten, heißt es in der New York Times. Der Verwaltungsrat sei besorgt gewesen, dass Fisher im Namen von HP mit wichtigen Kunden umgehe, obwohl Hurd über ihre Filmographie im Bilde gewesen sei. Zudem gilt Hurd als kleinlicher Manager, der bei den Mitarbeitern nicht sonderlich beliebt war.

Zum offenen Streit kam es offenbar über die Frage, wie mit der Affäre umzugehen sei. Während eine Mehrheit im Verwaltungsrat für eine Veröffentlichung der Vorwürfe war, sah Hurd nach seiner Entlastung dafür keinen Anlass mehr. Am Mittwoch vor seinem Rücktritt hatte Hurd die Angelegenheit mit Fisher privat geregelt. Für eine unbekannte Summe verpflichtete sich die 50-Jährige, nicht mehr über die Geschichte zu sprechen – also auch nicht mit HP. Aus Unternehmenskreisen wurde dazu die Version gestreut, diese Einigung habe die interne Untersuchung behindert und das Vertrauensverhältnis zu Hurd endgültig zerstört. In der Financial Times vom Donnerstag heißt es nun unter Bezug auf Hurds Umfeld, dass die Verhandlungen über die Konditionen seines Abgangs zu diesem Zeitpunkt bereits in vollem Gange gewesen seien.

Demnach habe ein erstes Ergebnis der Untersuchung dem Verwaltungsrat bereits am 28. Juli vorgelegen. Am Wochenende habe der Verwaltungsrat entschieden, die Vorwürfe öffentlich zu machen. Der Disput mit Hurd nährte die im Verwaltungsrat schon reifende Überzeugung, man müsse sich von dem Vorstandschef trennen. Doch Hurds Rücktritt hat der Affäre genau die öffentliche Wirkung verschafft, welche die von HP eigens angeheuerte PR-Experten mit der Veröffentlichung der Vorwürfe zu vermeiden versucht hatten. (vbr)