Pädophilie-Debatte: Museum Folkwang sagt Balthus-Schau ab

Einige Bilder des Franzosen Balthus sind schon lange umstritten, jetzt haben seine Fotos eine neue Pädophilie-Debatte in den Medien ausgelöst. Das Museum Folkwang zieht Konsequenzen und sagt eine geplante Ausstellung ab.

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  • dpa

Das Essener Museum Folkwang hat Medienberichten zufolge eine Ausstellung mit Balthus-Polaroid-Bildern abgesagt. Vorgespräche mit verschiedenen Instanzen, unter anderem dem Essener Jugendamt, hätten ergeben, dass die ab Anfang April geplante Schau "zu ungewollten juristischen Konsequenzen und einer Schließung der Ausstellung führen könnte", teilte das Museum laut der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag mit. Eine solche Entwicklung wäre nicht im Sinne des künstlerischen Interesses des Projekts und widerspräche dem Auftrag und der Verantwortung des Hauses, heißt es. Über die Absage hatte zunächst die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ/Dienstag) berichtet.

Gezeigt werden sollte eine Serie mit mehr als 2000 Polaroid-Bildern eines halbwüchsigen Mädchens in teils zweideutigen Posen und oft halb nackt, die der französische Künstler Balthus (1908-2001) im Alter von über 80 Jahren gemacht hatte. Die Fotos hatten eine neue Pädophilie-Debatte in den Medien ausgelöst. Die Wochenzeitung Die Zeit hatte die Polaroids "Dokumente einer pädophilen Gier" genannt und die geplante Folkwang-Schau heftig kritisiert.

Folkwang-Chef Tobia Bezzola wehrte sich gegen den Vorwurf, mangelnde Sensibilität bei dem Thema gezeigt zu haben. "Einen Skandalerfolg wollten wir nicht suchen, das war nicht unsere Idee", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Er habe vielmehr zeigen wollen, wie ein Maler, der in seinem hohen Alter nicht mehr zeichnen konnte, Fotografien als Skizzen für künftige Gemälde nutze. Auch gegenüber dem Radiosender WDR3 erklärte er, warum er die fotografischen Skizzen nicht mehr zeigen möchte.

Ihm als Kurator sei es "um das Verhältnis von Malerei und Fotografie" gegangen, sagte der Schweizer Bezzola. Dann habe sich aber herausgestellt, dass in der öffentlichen Diskussion das Thema Pädophilie das künstlerische Interesse völlig überlagere. "Die ganze Wahrnehmung der Ausstellung hätte sich nur noch darum gedreht", sagte Bezzola. Sein Ziel sei aber nicht gewesen, über Kinderpornografie und die Grenzen der künstlerischen Freiheit zu diskutieren.

Als öffentliches Museum trage das Folkwang darüber hinaus eine besondere Verantwortung. Er habe auch mit dem Essener Jugendamt gesprochen, sagte Bezzola. Die Behörde habe angesichts der strengen Rechtslage vor Klagen und einer möglichen Schließung der Ausstellung gewarnt. (keh)