Passive Greifer: Roboter-Eidechse erklimmt raue, senkrechte Oberflächen

Das Erklimmen senkrechter, rauer Oberflächen ist für Roboter eine Herausforderung. Loris schafft das mit passiven Greifern und einer speziellen Klettertaktik.

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Der Loris-Roboter an einer senkrechten Wand.

Der Loris-Roboter krallt sich mit seinem passiven Mikrospin-Greifersystem an senkrechten Oberflächen fest.

(Bild: Carnegie Mellon University)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Forschungsteam der Carnegie Mellon University hat eine Art Roboter-Eidechse entwickelt, die senkrechte raue Oberflächen erklimmen kann. Im Gegensatz zu ähnlichen Robotern, die vielfach auf Saugsysteme für den sicheren Halt auf der Oberfläche setzen, nutzen die Wissenschaftler ein passives Greifsystem und eine optimierungsbasierte Steuerung zur ausgeglicheneren Gewichtsverteilung.

Das Erklimmen senkrechter Wände mit rauen Oberflächen ist für Roboter eine besondere Herausforderung, denn Saugmechanismen können aufgrund des porösen Materials oft nicht zufriedenstellend eingesetzt werden, um Halt für den Roboter zu generieren. Besser geeignet sind da Mikrospin-Greifer. Sie geben bei jedem Schritt kleine Haken frei, die sich in der Oberfläche festkrallen. Solche passiven Systeme sind dabei auf das Robotergewicht angewiesen, um Halt finden zu können. Sie eignen sich gut für glatte Oberflächen, haben aber auf unebenen Oberflächen Probleme. Es müssen dann verschiedene Klettertaktiken angewandt werden, um dieses Manko auszugleichen.

Eine Möglichkeit, dies zu umgehen, sind aktive Mikrospin-Greifer. Sie setzen elektrische Aktuatoren ein, die Haken in die Oberfläche einbringen, um Halt zu generieren. Solche Systeme sind zwar effektiv, allerdings meist sperrig, energieaufwendig und mechanisch kompliziert, sodass nur eine geringe Laufgeschwindigkeit erzielt werden kann, sagen die CMU-Wissenschaftler.

Sie setzen bei ihrem Lightweight Observation Robot for Irregular Slopes (LORIS) auf ein anderes System, das sie in dem bisher unveröffentlichten wissenschaftlichen Paper "LORIS: A Lightweight Free-Climbing Robot for Extreme Terrain Exploration" (PDF) beschreiben. Die Forscher nutzen bei ihrem vierbeinigen Roboter Füße mit gespreizten Mikrospin-Greifern. Die Fußgelenke des Roboters sind passiv ausgeführt, sodass die Greifer auf die Bewegungen der Beine reagieren und sich dem Untergrund selbstständig anpassen können.

Der Trick, sich auf senkrechten rauen Oberflächen bewegen zu können, steckt aber in einer ausgeklügelten Klettertaktik, die von Insekten übernommen wurde und als Direct Inward Grasping (DIG) bezeichnet wird. Mithilfe integrierter Tiefensensoren und Berechnungen eines Mikroprozessors setzt der Roboter seine Beine strategisch so, dass die Greifer jeweils an den gegenüberliegenden Beinen die Kletterfläche zugleich absichern. Der Roboter läuft so weniger Gefahr, seinen Halt zu verlieren. Ein Schwanz unterstützt dabei.

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Die Forscher probierten das System auf vertikalen Flächen beim Klettern auf Schlackensteinen, vesikulärem Basalt, auf Schlacke und Tuffstein aus. Die Wissenschaftler untersuchten dabei, wie sich das DIG-System im Vergleich zu einer fehlenden Kletterstrategie schlug. Dabei sollte Loris eine ein Meter hohe Wand erklimmen. Dies gelang mit dem DIG-System in sechs von zehn Versuchen. Ohne das System gelang es lediglich in einem von zehn Versuchen. Insgesamt stellten die Forscher fest, dass sich mit dem DIG-System die Stufenausfallrate von 6,4 Prozent auf 2,3 Prozent verringerte.

Die Wissenschaftler sehen allerdings noch einen höheren Optimierungsbedarf. Die derzeitige Zuverlässigkeit reiche noch nicht aus, um Loris in realen Szenarien einsetzen zu können. Denn ein Sturz bei einer Mission, etwa bei Katastropheneinsätzen, könnte den Ausfall des Roboters zufolge haben. Besonders auf Schlackensteinen sei die Gefahr groß, dass der Roboter den Halt verliert. Hier wollen die Wissenschaftler der CMU ansetzen und einen Greifer entwerfen, der sich an verschiedene Oberflächen anpassen kann. Den Forschern schweben dabei sofort einrastende passive Greifer vor, die dynamische Kletterbewegungen ermöglichen. Sie würden dann auch die Energienutzung verbessern.

Den Wissenschaftlern ist jedoch bereits jetzt mit Loris ein großer Wurf gelungen, denn er soll der einzige Roboter seiner Art sein, der DIG-Kräfte mithilfe von Mikrospines erzeugen kann. Er sei mit einem Gewicht von 3,2 kg auch der einzige Roboter in seiner Größe, der an unregelmäßigen vertikalen Felswänden unter voller Erdanziehung klettern kann.

(olb)