Patentkriegsschauplatz Deutschland

Motorola gegen Microsoft, Apple vs. Samsung: Deutsche Gerichte sind eine beliebte Arena für den Machtkampf internationaler Konzerne. Weniger beachtet wird, wie oft deutsche Firmen gegen Nachahmer kämpfen.

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  • dpa

Die Google-Tochter Motorola Mobility gegen Microsoft oder Apple vs. Samsung: Deutsche Gerichte sind eine beliebte Arena für das Tauziehen internationaler Konzerne. Doch auch deutsche Unternehmen müssen sich dem Patentrechtsexperten Richard Kreindler zufolge besonders häufig vor Gericht gegen Ideenklau wehren. "Sie machen vergleichsweise viele Erfindungen und sind stark im Ausland vertreten", sagte der Jurist im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Deutsche Firmen besäßen etwa sieben Prozent aller Patente weltweit -- dabei macht der Anteil der Bundesrepublik an der Weltbevölkerung bloß circa ein Prozent aus.

"Gestiegen ist die Zahl der Patentstreitigkeiten vor allem in den Branchen, in denen Deutschland besonders stark ist, wie Pharma, Auto, Anlagenbau und Verbraucherelektronik." Nach Einschätzung Kreindlers wird dieser Trend wegen der fortschreitenden Globalisierung anhalten. "Einige deutsche Konzerne haben inzwischen fast jeden Tag Probleme mit dem Schutz ihrer Patente".

Für die Unternehmen sei es allerdings nicht immer einfach, ihre Rechte vor ausländischen Gerichten durchzusetzen. "Das Bewusstsein für intellektuelles Eigentum ist beispielsweise in bestimmten asiatischen Ländern und der ehemaligen UdSSR nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Die Strukturen und Grundlagen der Rechtsprechung sind vergleichsweise weniger transparent und effizient."

Selbst in den USA seien Patentrechtsverfahren tendenziell langwieriger, risikoreicher und kostspieliger als hierzulande. Auch in manchen benachbarten europäischen Ländern dauere es oft deutlich länger, berichtet der Experte für internationale Patentrechtsstreitigkeiten aus der Kanzlei Shearman und Sterling. "Deutsche Gerichte sind dagegen dafür bekannt, Patentstreitigkeiten relativ zügig und fokussiert zu entscheiden." Im Vergleich zu ihren Kollegen in den USA erließen sie fallweise schnell eine einstweilige Verfügung, die den Patentinhaber bis zur Entscheidung in der Hauptsache oder einer außergerichtlichen Einigung schütze.

Womöglich taugt deutschen Patentrichtern der US-Richter Richard Posner zum Vorbild: Dieser nahm jüngst kein Blatt vor den Mund, als er mit der klagefreudigen IT-Branche ins Gericht ging: Oft sei dem Kläger gar kein nachweislicher Schaden entstanden und die Auslegung der Patente lächerlich. Das Ausufern der Verfahren um kleine Details etwa in Smartphones sei ein Indiz für die Reformbedürftigkeit des Patentrechts insgesamt.

Wegen ihrer vergleichsweise großen Fachkompetenz und Effizienz seien deutsche Gerichte bei ausländischen Unternehmen sehr beliebt. Ein Urteil in Deutschland nützt dem betroffenen Unternehmen allerdings wenig in einem anderen Land, weil die Urteile außerhalb der Europäischen Union dem Experten zufolge zufolge nicht unbedingt und nicht schnell genug verbindlich anerkannt werden. "Trotz internationaler Abkommen fehlt in mancher Beziehung ein weltweit geltendes Schutzsystem."

Dass ausländische Firmen trotzdem gern in Mannheim, Düsseldorf oder München ihren Streit austragen, "liegt auch daran, dass Deutschland wegen seiner vergleichsweise hohen Kaufkraft für sie ein wichtiger Markt ist und sie ihre Produkte hierzulande unbedingt vor Nachahmungen schützen wollen", sagt Kreindler. (ssu)