Paukenschläge und leise Töne der Fotokünstlerin Herlinde Koelbl

Eine Ausstellung mit Werken der Fotografin Herlinde Koelbl nimmt die Besucher im Haus der Geschichte mit auf eine Reise quer durch die Gesellschaft. Sie erzählt Geschichten aus mehr als 30 Jahren.

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Von
  • Günter Wächter

"Ich strebe an, etwas von der Innenansicht des Menschen nach außen zu bringen", sagt die Fotografin Herlinde Koelbl über ihre Arbeit. Wie überzeugend ihr das gelingt, zeigt die Ausstellung Spurenlese, die ab Donnerstag bis zum 27. Januar im Haus der Geschichte in Bonn mehr als 400 Arbeiten der international renommierten Künstlerin präsentiert. Die Schau ermöglicht einen umfassenden Überblick über das Werk Koelbls, die seit Ende der 70er Jahre Menschen im Kontext sozialer, politischer und historischer Prozesse fotografiert.

Ausstellung "Spurenlese" von Herlinde Koelbl (4 Bilder)

Bilder zur Ausstellung "Spurenlese" von Herlinde Koelbl

Das Ausstellungsplakat zeigt Grete Weil, aus der Serie "Jüdische Porträts", 1987-1989

Eine Ausstellung habe für sie die Dramaturgie einer Komposition, sagt Koelbl bei der Vorstellung der Bonner Schau. "Es ist ein Musikstück." Dem Betrachter werden leise Töne und Paukenschläge geboten. Etwa in der Serie "Kleider machen Leute". In dieser jüngsten Produktion fotografiert Koelbl Menschen im Freizeitlook und in Berufskleidung. Etwa den jüngst in den Vatikan berufenen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller. Einmal ist er im vollen bischöflichen Ornat zu sehen und gleich daneben im Trainingsanzug, den er in seiner Freizeit bevorzugt.

Jedes Bild ist voller Symbolkraft, Zeichenhaftigkeit. Bei manchen ist der Betrachter irritiert, aber alle Bilder sind voller Menschlichkeit. Koelbl ist eine Chronistin der Zeit. In ihren Serien wie etwa "Das deutsche Wohnzimmer" aus den 80er Jahren und "Das Schlafzimmer" (2002) entfaltet sie nach Einschätzung der Ausstellungsmacher wahre Gesellschaftspanoramen.

"Spuren der Macht" ist der Titel einer Langzeitstudie, in der Koelbl Personen des öffentlichen Lebens fast über ein Jahrzehnt beobachtete. Dabei ging sie der Frage nach, wie ein Amt den Menschen psychisch und physiognomisch verändert. Dabei entstanden etwa Bilder des Politikers und ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, den Koelbl über 15 Jahre fotografierte. Wichtig sei bei ihrer Arbeit der kühle und klare Blick, sagt Koelbl. Immer wieder ändere sie ihre Stilmittel. "Man kann mich nicht in eine Schublade stecken." (anm)