Philosoph warnt vor Wissensverlust durch das Internet

Die zunehmende Verbreitung des Internet führt nach Einschätzung des Philosophen Walther Zimmerli zu einem gravierenden Wissensverlust.

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Von
  • Christian Persson

Die zunehmende Verbreitung des Internet führt nach Einschätzung des Philosophen Walther Zimmerli zu einem gravierenden Wissensverlust der Menschen. "Wir entwickeln uns nicht in eine Wissensgesellschaft", sagte der neue Präsident der Privat- Universität Witten-Herdecke am Dienstag in einem dpa-Gespräch. "Zwar haben wir immer besseren Zugang zu Datenbanken, aber wir verlieren dabei Teile unseres Wissens."

Die enormen Langzeitfolgen des Internet für die Menschen würden bislang zu wenig diskutiert, kritisierte der Fachmann für angewandte Philosophie. Da immer mehr Daten im Internet zu finden seien, brauche der Einzelne immer weniger Informationen abrufbar im Kopf zu haben. "Bei auswendig gelerntem Wissen schneiden wir im Vergleich zu früheren Zeiten miserabel ab."

Das Problem sei, dass man benötigtes Wissen in den Datenmengen nicht mehr finde, sagte Zimmerli. Die Halbwertszeit von Geschriebenem werde immer kürzer. Wissenschaftler, Wirtschaftsexperten, Politiker und Journalisten hätten bereits den Überblick über die ständig anschwellenden Datenmengen in ihren Fachgebieten verloren. "Die Fähigkeit, die wachsenden Angebote zu selektieren, erreicht ihre Grenze". Unternehmen der Informationstechnologie bekämen dadurch immer mehr Macht. Mit Suchmaschinen und Internet-Diensten für einzelne Branchen und Wissenschaften machen sie das Internet für viele Anwender erst nutzbar. "Der Wissenszugang kann dabei selbstverständlich manipuliert werden", warnte Zimmerli.

Der Präsident der Wittener Reform-Universität forderte Schulen und Universitäten zu einer besseren Vorbereitung auf das Leben mit der alles beherrschenden Wissenstechnologie auf. "Wir dürfen nicht länger der Illusion erliegen, das Wissen der Menschen zu vergrößern", sagte der Philosoph. Vielmehr müsse die Fähigkeit gesteigert werden, die richtigen Informationen im Internet zu finden. So sollte Schülern und Studenten bei Prüfungen stets ein Internetzugang zur Verfügung stehen. Zimmerli: "Wer in eine Prüfung heute auch nur ein nicht vorgesehenes Lexikon mitnimmt, bekommt eine fünf." Künftig müsse ein kreativer Umgang mit den vorhandenen Informationen im Zentrum der Lehre stehen. (cp)