Phono-Verband will Umsatzrückgang mit CD-Klonverbot gutmachen

Der Verband der Musikwirtschaft macht eine starke Zunahme der Kopien für sinkende Umsätze verantwortlich. Funktionäre der Musikindustrie wollen auch der Computerpresse die rote Karte zeigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 496 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torge Löding

Die Vertreter der deutschen Phono-Industrie geben sich höchst alarmiert. Früher als sonst im Jahr rief der Bundesverband der Phonografischen Wirtschaft zu seiner Jahrespressekonferenz. "Der Tonträgermarkt in Deutschland hat im Jahr 2002 einen Umsatzrückgang von 11,3 Prozent zu verbuchen. Grund sind vor allem massenhafte Musikkopien, deren Zahl im vergangenen Jahr weiter angestiegen ist. Allerdings haben uns auch die allgemeine Wirtschaftslage, eine im gesamten Handel spürbare Kaufzurückhaltung und Unsicherheiten in der internationalen Entwicklung zu schaffen gemacht", erklärte Verbandschef Gerd Gebhardt.

Der Verbandsfunktionär kritisierte ganz besonders die Bundesregierung, die nach seiner Auffassung zu langsam bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht agiere. "Jeder Tag der uns verloren geht, ist bares Geld wert", empörte sich Gebhardt. Wenn die Novellierung des Urheberrechts in Deutschland, zu der auch ein gesetzlicher Schutz für DRM-Systeme gehören soll, beschlossen sei, dann werde sich einiges ändern. Die rote Karte zeigte der Ex-Manager von Warner Music dabei auch der Computerpresse -- das neue Gesetz verbiete es, zu erklären, wie Musik zu klonen sei, ebenso wie die Werbung für Produkte, mit denen das möglich ist. Zeitungen und Zeitschriften, die darüber berichten, müssten dann mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Wie bereits in den vergangenen Jahren klagte Verbandsgeschäftsführer Peter Zombik darüber, dass in Deutschland mehr CD-Rohlinge als legale Musik-CDs verkauft worden sein. Zur Illustration macht der Phonoverband eine eigene Rechnung auf: Die Zahl der an Konsumenten verkauften CD-Rohlinge habe 2002 486 Millionen Stück erreicht. Liege der Musikanteil dabei wie im Jahr 2001 bei 55 Prozent, so seien dies 267,3 Millionen CD-Rohlinge, die für das Kopieren von Musik benutzt worden seien. Damit liege die Zahl der mit Musik bespielten CD-Rs um 61 Prozent höher als die Zahl der verkauften CD-Alben.

Dagegen ging der Tonträgerumsatz von 242 Millionen Einheiten im Vorjahr auf nunmehr 223,7 Millionen Einheiten zurück. Die Umsätze sanken um 11,3 Prozent von 2,22 Milliarden Euro im Vorjahr auf 1,97 Milliarden Euro. Zulegen konnte der Absatz von Musik-DVDs, er stieg um 1,3 Prozent auf drei Millionen Stück; die CD-Alben dagegen mussten einen Rückgang von 9,2 Prozent auf 142,1 Millionen Stück verbuchen, der Single-Bereich sogar um 20 Prozent.

Die Zahl der Beschäftigten in der Tonträgerbranche fiel im Jahr 2002 in Folge der Umsatzeinbußen um rund 800 auf 11.400 Mitarbeiter. Im Handel wurden nach Einschätzung der Phonoverbände weitere 500 Stellen abgebaut. Die Frage nach der Höhe der Gewinne der Musikfirmen wollte Zombik allerdings nicht beantworten. "Wir legen keine Gewinnzahlen vor, da die Firmen, die wir vertreten, nicht publizitätspflichtig sind", sagte er auf Nachfrage. Brancheninsider kommentierten das mit Äußerungen wie: "Die jammern doch auf höchstem Niveau."

Während der Verbandsvorsitzende weiterhin ein entschiedendes Vorgehen gegen Peer-to-Peer-Tauschbörsen versicherte, blieb seine Ankündigung hinsichtlich eigener kommerzieller Online-Musik-Angebote der Industrie blass. Er erneuerte das Versprechen -- das der Verband gebetsmühlenartig seit Jahren wiederholt --, noch in diesem Jahr werde eine gemeinsame Internet-Plattform aller Musiklabels starten. (tol)