Pierer läutet US-Offensive von Siemens ein

Mit dem Börsenstart in New York hat Siemens-Chef Heinrich von Pierer eine Neuordnung des für den Konzern immens wichtigen US-Geschäfts eingeläutet.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Mit dem Börsenstart in New York hat Siemens-Chef Heinrich von Pierer eine Neuordnung des für den Konzern immens wichtigen US-Geschäfts eingeläutet. Die ehrgeizigen Gewinnziele des Gesamtkonzerns seien nur erreichbar, wenn die US-Aktivitäten bei der Profitabilität deutlich zulegen würden, sagte Pierer anlässlich der Erstnotiz am Montag an der US-Börse. "Das Geschäft in den USA soll ein Juwel werden." In den vergangenen Jahren sei zwar der Umsatz in den Vereinigten Staaten rasant gewachsen. Die Profitabilität habe aber nicht Schritt gehalten.

Zur Feier der US-Notierung durften der 60-jährige Pierer und sein Aufsichtsrats-Chef Karl-Hermann Baumann am Montagmorgen an der Wall Street zur Börseneröffnung die Glocke läuten. "Für ein Unternehmen wie Siemens ist es ein Muss, hier in New York notiert zu sein", sagte Pierer. Mit dem US-Listing krönte die Siemens AG (Berlin/München) den radikalen Konzernumbau der vergangenen Jahre. Der erste Kurs für die Siemens-Anteilsscheine lag bei 112,25 Dollar.

Die USA sind inzwischen noch vor Deutschland der wichtigste Markt für Siemens. "Wir haben schon jetzt mehr amerikanische Mitarbeiter als so bekannte Konzerne wie Intel, Cisco oder Microsoft", sagte der Präsident der Siemens Corp (New York), Gerhard Schulmeyer. Derzeit sind es 80.000 Beschäftigte, in der Zukunft soll die Zahl auf 90.000 steigen. Der Umsatz in den USA solle bis zum Geschäftsjahr 2002/03 (30. September) von zuletzt 16,2 auf 25 Milliarden US-Dollar (52 Milliarden Mark) steigen, sagte Pierer. In diesem Jahr würden allein wegen bereits getätigter Akquisitionen etwa 20 bis 21 Milliarden US-Dollar Umsatz erwartet.

Im Jahr 1999/2000 sei das Ergebnis des US-Geschäfts vor Steuern und Zinsen (EBIT) nur ausgeglichen gewesen, räumte Schulmeyer ein. 2000/01 sei wegen der jüngsten Zukäufe zudem mit einer Verdoppelung der Goodwill-Abschreibungen auf mehr als 700 Millionen US-Dollar zu rechnen.

Im Gegensatz zu den anderen Regionen hatten die Siemens-Firmen in den USA bisher größere Freiheiten. Mit der vom Vorstand jetzt beschlossenen "top plus US Business Initiative" werden die US-Aktivitäten an die kürzere Leine genommen. Die Bereiche sollen ihre Geschäfte besser miteinander vernetzen und Synergien nutzen. Bei einem Viertel der Geschäfte habe sich herausgestellt, dass "sie noch erhebliche Verbesserungspotenziale mobilisieren müssen", sagte Pierer zudem. Dies erfordere entweder den Ausbau der Marktposition, um eine kritische Größe zu erreichen. In Einzelfällen komme aber auch der Rückzug aus dem Geschäft in Frage.

Mit einer 25-Millionen-Dollar-Kampagne soll in den nächsten Monaten die Marke Siemens in den USA bekannter gemacht werden, auch um die erstmalige Einführung von Siemens-Handys zu unterstützen. Zum Start an der wichtigsten Börse der Welt verzichtete Siemens dennoch auf das ganz große Spektakel. Als die Siemens-Tochter Infineon vor genau einem Jahr praktisch zeitgleich an die Börsen in Frankfurt und New York ging, fuhr der Vorstandsvorsitzende Ulrich Schumacher im Rennanzug im Sportwagen an der Wall Street vor. SAP baute zur Feier des US-Listings vor der Wall Street einen Beachvolleyball-Platz auf. Siemens dagegen errichtete eine große Videowand in der Wall Street auf, um die neue Marketingkampagne zu präsentieren.

Der Konzern rechnet erst einmal nicht mit größeren Veränderungen im Aktionärskreis. Schon jetzt seien etwa 13 Prozent der Siemens-Papiere in Händen von US-Investoren, sagte Pierer. Mit der US-Notierung verschaffe sich Siemens eine wichtige Akquisitionswährung. Es seien auch größere Übernahmen vorstellbar. "Die Kriegskasse ist gut ausgestattet." (Axel Höpner, dpa) / ()