"Polens Watergate": Experte hat Hinweise auf weitere Spyware-Opfer in Polen

In Polen hat ein Untersuchungsausschuss die Arbeit aufgenommen. Er soll die Spionage mit Pegasus aufklären, hat aber keine wirkliche Macht.

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(Bild: iHaMoo/FrankHH/Shutterstock.com/heise online)

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In dem auf "Polens Watergate" getauften Skandal um Spionageangriffe gegen die Opposition dürfte es weitere Zielpersonen geben, die mit der Pegasus-Malware überwacht wurden. Dafür hat zumindest John Scott-Railton vom Citizen Lab Hinweise, sagte er am Montag vor einem Untersuchungsausschuss im Senat, zitiert Reuters. Diesen hatte die Opposition eingerichtet, die in der zweiten Kammer des Parlaments eine Mehrheit hat.

Die Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) hatte sich geweigert, den Skandal in der ersten Kammer aufzuarbeiten. Am Montag wurden im Senat nun zwei Mitarbeiter vom Citizen Lab befragt, ein polnischer Professor und Cybersicherheitsexperte hatte laut AP nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten kurz vorher abgesagt.

Der Skandal war kurz vor Weihnachten ins Rollen gekommen, als enthüllt worden war, dass ein prominenter Oppositionsanwalt, eine regierungskritische Staatsanwältin und der Senatsabgeordnete Krzysztof Brejza mit Pegasus angegriffen worden waren. Brejza hatte 2019 den Wahlkampf der Opposition verantwortet, die Wahlen hatte die Regierungspartei PiS ("Recht und Gerechtigkeit") für sich entschieden. Später war herausgekommen, dass Polens Regierung den Kauf der Spyware mit 5,5 Millionen Euro rechtswidrig aus einem Topf mit Geld für Opfer von Verbrechen entnommen hatte. Trotzdem hatten sich Vertreter und Vertreterinnen der Regierungspartei lange über die Enthüllungen und Vorwürfe lustig gemacht. Auch wenn einige Anklagen eingestanden wurden, dass mit der Pegasus-Spyware der NSO Group illegal ausspioniert wurde.

Den Untersuchungsausschuss im Senat leitet nun Marcin Bosacki von der oppositionellen Bürgerplattform, der auch Brejza angehört. Die Einrichtung des Gremiums bezeichnete Bosacki der Nachrichtenagentur AP zufolge als nötig, "aus der tiefsten Sorge um unsere Demokratie und die Zukunft des polnischen Staats". Der Ausschuss kann Zeugen und Zeuginnen demnach aber nur einladen, sie müssen jedoch nicht erscheinen. Die Regierungspartei PiS hat es aber auch abgelehnt, eigene Abgeordnete zu entsenden. Von dort heißt es laut Reuters, die Überwachung sei nur mit richterlicher Zustimmung möglich, wer eine widerrechtliche Spionage vermute, solle doch vor Gericht ziehen.

Derweil gibt es der Meldung zufolge Druck auf den Vater von Brejza, einen Bürgermeister. Der sei in einem anderen Fall als Verdächtiger von Ermittlern befragt worden. Außerdem seien angeblich von den Handys von Brejzas Ehefrau und von einem Familienmitglied des ausspionierten Oppositionsanwalts Bombendrohungen verschickt wurden. Der fühle sich angesichts der Drohungen an "alte kommunistische Methoden" erinnert, sagte er AP.

(mho)