Politische Absetzbewegungen vom Telekom-Chef

Den Wahlkämpfern, die sich langsam in den Endspurt zur Bundestagswahl begeben, scheint mittlerweile jedes Thema recht -- Pech für Ron Sommer.

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Von
  • Jürgen Kuri

Den Wahlkämpfern, die sich langsam in den Endspurt zur Bundestagswahl im September begeben, ist mittlerweile jedes Thema recht. Für Ron Sommer könnte dies allerdings das Aus für seine Karriere bei der Telekom bedeuten: Inzwischen scheint auch die Bundesregierung nach der rasanten Talfahrt der T-Aktie erstmals vorsichtig auf Distanz zum umstrittenen Telekom-Chef Ron Sommer zu gehen. Hatte vor zwei Monaten noch Bundeskanzler Gerhard Schröder Sommer ausdrücklich den Rücken gestärkt, zeigte sich SPD-Generalsekretär Franz Müntefering am Montag deutlich zurückhaltend. Eventuelle Konsequenzen aus dem Kursverfall der Telekom-Aktie könne nur der Aufsichtsrat ziehen, sagte Müntefering in Berlin zu Spekulationen, dass die Bundesregierung die Ablösung Sommers vor der Bundestagswahl am 22. September wolle. "Unsere Erwartung an den Aufsichtsrat ist, dass er prüft, ob Konsequenzen gezogen werden müssen oder nicht", meinte Müntefering laut dpa.

Die bisherigen Bekenntnisse zum Festhalten an Sommer wiederholte Müntefering nicht. Zugleich sprach er die enttäuschten Telekom-Aktionäre an. Die SPD nehme "es ernst, dass viele Menschen, die darauf vertraut haben, enttäuscht sind und erwarten, dass sich etwas bessert." Die Erwartung an den Aufsichtsrat sei, dass dieser "die Entwicklung im Blick hat und ernst nimmt". Die Anleger lasten den Fall der Aktie von gut 100 Euro vor zwei Jahren auf rund zehn Euro heute vor allem Sommer und dessen teurem Expansionskurs an. Er wolle die Entwicklung bei der Telekom aber nicht an einer einzigen Person festmachen, schränkte Müntefering ein.

Der Staat sei als Anteilseigner nur noch mit zwei Personen im Aufsichtsrat vertreten und die Verantwortung für das privatisierte Unternehmen liege in der Hand der "Wirtschaftskapitäne", betonte Müntefering. Der Bund ist Großaktionär des mit 65 Milliarden Euro Schulden belasteten Unternehmens. Die Aktie hatte zuletzt ein Allzeittief von 8,14 Euro gestreift. Am Montag legte das Papier bis zum Nachmittag gegen den Trend um 1,39 Prozent auf 10,95 Euro zu.

Telekom-Sprecher Ulrich Lissek betonte gegenüber dpa, eine Sondersitzung des Aufsichtsrats der Telekom über die Zukunft von Sommer sei nicht geplant. Es gebe auch keinen entsprechenden Antrag. Medienberichten zufolge will Schröder den wegen des tiefen Aktienkurses unter Druck stehenden Sommer so schnell wie möglich und noch vor der Bundestagswahl ablösen. Ein Sprecher des Finanzministeriums bezeichnete die Berichte des Focus, der Berliner Zeitung und der Financial Times Deutschland als "reine Spekulation".

Über eine Ablösung Sommers war in den vergangenen Monaten mehrfach spekuliert worden. Mitte Mai hatte sich Schröder ausdrücklich hinter Sommer gestellt. Man müsse jetzt den Mut haben, "den Ärger der Kleinaktionäre auszuhalten und ihnen zu sagen: Liebe Leute, es besteht kein Anlass, den Mann auszuwechseln, er hat gut gearbeitet", hatte Schröder dem Magazin Stern gesagt. Auch Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte betont, die Telekom stehe besser da als viele ihrer Wettbewerber. In dem gemeinsamen Interview von Schröder und Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber, dass die Bild-Zeitung heute veröffentlichte, kritisierte Stoiber Schröder, weil dieser nichts gegen die Gehaltserhöhungen des Telekom-Vorstands unternommen habe. (jk)