Preise für DRAM-Chips steigen nach Qimonda-Insolvenz

Nachdem der weltweit fünftgrößte DRAM-Hersteller Qimonda Insolvenz angemeldet hat, steigen die Spotmarkt-Preise der Chips für PC-Hauptspeicher.

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Nach den Angaben der taiwanischen Speicherchip-Börse DRAMeXchange.com sind die Spotmarkt-Preise für die zurzeit besonders gängigen DDR2-SDRAM-Bauelemente in Folge der Qimonda-Insolvenz erheblich gestiegen. Wegen des in der vergangenen Woche gefeierten chinesischen Neujahrsfestes, bei dem viele Betriebe in China und Taiwan eine Woche lang schlossen, schlug die bereits am Freitag vorletzter Woche von Qimonda gemeldete Insolvenz erst jetzt in China durch.

Nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens iSuppli war Qimonda im dritten Quartal 2008 der weltweit fünftgrößte DRAM-Hersteller. Die genauen Verhältnisse im Markt sind zurzeit allerdings schwer zu ergründen, weil beispielsweise Micron mittlerweile den Qimonda-Anteil an Inotera übernommen hat und mehrere DRAM-Hersteller ihre Produktionskapazitäten deutlich reduziert haben. Bisher hatten diese Maßnahmen aber – wenn überhaupt – jeweils nur kurzzeitig Einfluss auf die DRAM-Preise.

Ein großer Teil der weltweiten DRAM-Produktion wird über längerfristige Lieferverträge an Großkunden, etwa PC-Hersteller, verkauft. Die hierfür gezahlten Vertragspreise sind bisher laut DRAMeXchange stabil auf dem oft beklagten, extrem niedrigen Niveau, das den acht großen DRAM-Herstellern Samsung, Hynix, Micron, Elpida, Qimonda, Nanya, Powerchip und ProMOS laut iSuppli seit 2007 Verluste in Höhe von zusammen rund 8 Milliarden US-Dollar eingebracht hat. Ein 1-GBit-DDR2-SDRAM mit 333 MHz Taktfrequenz, das in aktueller Fertigungstechnik rund 56 Quadratmillimeter Siliziumfläche belegt, bringt zurzeit Vertragspreise von rund 80 US-Cent ein. Auf dem Spotmarkt sollen die Preise für einen solchen Chip heute mehr als 1 US-Dollar betragen haben. Auf die Preise von Speichermodulen im deutschen Einzelhandel hat der Preisanstieg bisher anscheinend noch keinen Einfluss. Noch immer liefern die billigsten Versandhändler 1 GByte DDR2-SDRAM, aufgebaut aus acht 1-GBit-Chips, für weniger als 9 Euro.

Ob sich höhere Preise für Mainstream-SDRAM überhaupt etablieren können, ist angesichts der Wirtschaftskrise und der deshalb langsamer wachsenden oder gar schrumpfenden PC-Verkaufszahlen ungewiss. Hinzu kommt, dass das Wachstum im PC-Markt zu einem erheblichen Teil auf Billigstgeräte zurückgeht, die mit vergleichsweise wenig Hauptspeicher bestückt sind. Nach gewaltigem Ausbau der DRAM-Fertigungskapazitäten auf 300-mm-Wafer in den Jahren 2006/2007 herrscht zurzeit zweifellos ein Überangebot.

Ob Qimonda überhaupt noch 10 Prozent des DRAM-Weltmarkts bedient, dürfte angesichts neuer, (halb-)öffentlich verkündeter Produktionspläne anderer DRAM-Hersteller fraglich sein. Zumeist haben die Chipfirmen vor allem ältere Anlagen, die 200-Millimeter-Wafer verarbeiten, stillgelegt; möglicherweise warten mehrere der Konkurrenten auf eine Chance, sich mit größeren Produktionsmengen höhere Marktanteile erkämpfen zu können. Daraus resultierende Verluste lassen sich angesichts der aktuellen Finanzkrise gegenüber den Aktionären relativ leicht rechtfertigen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass der Preiskampf nach einer kurzen Pause trotz der enormen Verluste weitergeht. Mittelfristig könnten allerdings die bei allen DRAM-Herstellern drastisch gekürzten Investitionen in neue Anlagen zu Preissteigerungen führen, wenn die Wirtschaft wieder loslegt und das DRAM-Angebot knapper wird als die Nachfrage.

In Taiwan arbeitet die Regierung an einem Rettungsplan für die DRAM-Industrie; möglicherweise entsteht hier unter technologischer Federführung von Elpida eine große Fertigungsallianz. Die taiwanischen DRAM-Hersteller – Nanya/Inotera, Powerchip, ProMOS, Etron, Winbond – sind durchweg auf Technik-Lizenzen aus Deutschland (Qimonda/Winbond), Japan (Elpida/Powerchip), Korea (Hynix/ProMOS) oder den USA (Micron/Nanya) angewiesen, weil sie keine eigenen Patente haben. Die unterschiedlichen Lager werden versuchen, von der Qimonda-Insolvenz zu profitieren; schon 2007 waren aus der Branche Kommentare zu hören, nach denen eine Gesundung der Preise erst nach dem Ausscheiden eines weiteren Marktteilnehmers zu erwarten sei. Schon damals wurde über Qimonda als mögliches Opfer spekuliert.

Nach der Asienkrise Ende der 1990er-Jahre war Texas Instruments aus dem DRAM-Geschäft ausgestiegen; nach dem Abschwung in den Jahren 2001/2002 warf Toshiba das Handtuch. In beiden Fällen kaufte Micron die US-amerikanischen Fertigungsanlagen auf und konnte dadurch seine Marktposition verbessern. In Japan legten Hitachi und NEC ihre DRAM-Aktivitäten als Elpida zusammen.

Hynix, die ehemalige Hyundai-Halbleitersparte, hatte nach der Asienkrise die DRAM-Sparte von LG Electronics übernommen und dafür hohe Subventionen der koreanischen Regierung erhalten, war aber trotzdem nur knapp der Insolvenz entronnen. DRAM- und NAND-Flash-Marktführer Samsung ist nach Intel der zweitgrößte Halbleiterhersteller überhaupt und hat seit 2000 schätzungsweise rund 27 Milliarden US-Dollar in die Chipfertigung investiert. (ciw)