Premiere-Verträge jetzt kündbar?

Nach einem Urteil des Landgerichts München darf der Bezahlsender Verträge nicht beliebig ändern.

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Von
  • Frank Möcke

Beliebige Leistungs- und Preisänderungen in laufenden Verträgen des Bezahlsenders Premiere sind unzulässig. Das Landgericht München I hat jetzt mehrere Passagen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt. Premiere hatte sich vorbehalten, seine Leistungen und Preise zum Teil beliebig zu ändern, ohne die Belange der Verbraucher hinreichend zu berücksichtigen, und seinen Kunden häufig ein Sonderkündigungsrecht vorenthalten. Das Urteil ist besonders brisant, nachdem Premiere bei der Vergabe der Senderechte für die Fußball-Bundesliga leer ausgegangen ist.

Das Landgericht folgte der Auffassung des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (vzbv) und untersagte in einer jetzt veröffentlichten noch nicht rechtskräftigen Entscheidung (Aktenzeichen 12 O 17192/05) die Verwendung der angegriffenen Bedingungen.

Dies betrifft zunächst eine Klausel, mit der sich Premiere vorbehält, das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, deren Nutzung und die Zusammensetzung der Programmpakete "zum Vorteil des Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu ergänzen". Nach Ansicht der Kammer handelt es sich um einen unwirksamen Leistungsänderungsvorbehalt zugunsten des Anbieters, da nicht hinreichend auf die Zumutbarkeit einer Änderung für den Kunden abgestellt werde. Was ein "Vorteil" für den Kunden sei, sei nicht ausreichend bestimmt. Demgegenüber sei zu berücksichtigen, dass der Kunde aus einem umfangreichen Angebot von Kanälen und Programmpaketen ein spezifisches Leistungspaket wählt. Dieser Entscheidung kommt daher eine besondere Bedeutung zu, die bei der vorbehaltenen Beliebigkeit der Leistungsänderungsklausel nicht berücksichtigt wird.

Weiterhin darf auch eine Klausel nicht mehr verwendet werden, nach der eine einmalige jährliche Preiserhöhung erfolgen kann, wenn sich die Kosten der Bereitstellung des Programms erhöhen. Die Klausel sah vor, dass die Preiserhöhung drei Monate im Voraus angekündigt werden muss und der Abonnent berechtigt ist, zu kündigen, wenn die Erhöhung mehr als 5% ausmacht. Die Klausel gebe die Voraussetzungen der Erhöhung nicht genügend konkret an. Gleichzeitig sei die Preiserhöhung für die Kunden nicht kalkulierbar. Nachdem die Premiere-Werbung gerade auf das Angebot eines bestimmten Leistungspaketes für einen bestimmten Preis abziele, müsse der Preis für die Kunden grundsätzlich fest bleiben.

Unwirksam sind laut Gericht auch die Klausel, nach der sich Premiere vorbehält, bei Änderungen und Umstrukturierungen des Programmangebots die Beiträge zu ändern, und eine weitere Klausel, nach der der Kunde bei Zustimmung zu einer Leistungsänderung wegen einer Anpassung der Preisstruktur nicht mehr kündigen darf.

Sämtliche dieser Klauseln darf Premiere für den Fall, dass das Urteil rechtskräftig wird, nicht mehr verwenden und sich in bestehenden Verträgen darauf nicht mehr berufen. Für den Fall einer Zuwiderhandlung wurden Ordnungsmittel (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) angedroht.

"Das Urteil stärkt die Rechtsstellung der Verbraucher, die sich von ihrem Vertrag lösen wollen, sollte Premiere in der kommenden Saison keine Fußball-Bundesliga mehr übertragen", kommentiert Patrick von Braunmühl, Leiter des Fachbereichs Wirtschaftsfragen beim vzbv. Die klaren Worte des Gerichts, etwa dass bei der Abwägung "dem Interesse des Kunden an der versprochenen Leistung grundsätzlich der Vorrang gebührt", untermauern die Position des Verbraucherverbandes, dass Premiere den Kunden mit der Komponente "Premiere Fußball Live" zumindest ein Kündigungsrecht gewähren muss, wenn der Sender seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann. "Nach dem Vertrag schuldet Premiere gerade bei laufenden Vereinbarungen die Übertragung der Fußball-Bundesliga auch in der kommenden Saison", so von Braunmühl. Unzulässig wäre es dann, die Kunden im Falle der Nichterfüllung an den Vertrag zu binden.

Der vzbv fordert Premiere auf, eintreffende Kündigungen verbraucherfreundlich abzuwickeln und die Kunden aus dem Vertrag zu entlassen. (fm)