Pressefreiheit in Gefahr
Reporter ohne Grenzen hat seine Liste der "größten Feinde der Pressefreiheit" neu aufgelegt. Derweil warnt der Deutsche Journalisten-Verband vor einer Aushöhlung der Pressefreiheit in Deutschland.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat zum heutigen Welttag der Pressefreiheit ihre Liste der "größten Feinde der Pressefreiheit" auf den neuesten Stand gebracht. Sie umfasst 39 Einträge, darunter Staatspräsidenten, Militärchefs und Drogenhändler. Gegenüber dem vergangenen Jahr sind fünf Einträge gestrichen worden, unter anderem Fidel Castro, der inzwischen die Lenkung Kubas seinem Bruder Raul überließ, allerdings seien zehn neue hinzugekommen, teilt ROG mit. Derweil hat der Deutsche Journalisten-Verband vor einer Aushöhlung der Pressefreiheit in Deutschland gewarnt.
In Deutschland seien "nicht das Leben oder die Freiheit der Journalisten gefährdet, wohl aber die freie Recherche und Berichterstattung", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken am gestrigen Freitag in einer Presseerklärung. Unter dem Deckmantel des Anti-Terror-Kampfes schränke die Politik den Informantenschutz und das Redaktionsgeheimnis immer weiter ein. Dadurch werde es für Journalisten immer schwieriger, mit zuverlässigen Informanten vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.
Es bestehe die Gefahr, dass die Pressefreiheit bald nur noch auf dem Papier des Grundgesetzes Bestand haben könnte, kritisierte Konken. Um das zu verhindern, müsse die Politik die Vorratsdatenspeicherung stoppen sowie Journalisten vor Online-Durchsuchungen und der Überwachung durch Nachrichtendienste schützen. Ähnlich äußert sich in einem dpa-Interview der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen.
Deutsche Politiker oder Organisationen finden sich bei Reporter ohne Grenzen nicht unter den "größten Feinden der Pressefreiheit". Die Organisation will mit ihrer Liste Männer und Frauen hervorheben, die Journalisten direkt angreifen oder andere dazu auffordern. In Somalia werde brutal gegen Journalisten vorgegangen, auch wurden die palästinensische Selbstverwaltung und das israelische Militär neu in die Liste aufgenommen. Außerdem weist ROG in einem Bericht (PDF-Datei) auf Gewalt gegen Journalisten in Europa hin, unter anderem in Frankreich, Spanien, Italien, Nord-Irland und Dänemark. Mit einer Aktion auf dem Berliner Potsdamer Platz hat ROG gestern das Schicksal von 130 Journalisten ins Gedächtnis gerufen, die derzeit weltweit inhaftiert sind. (anw)