PreussenElektra: Surfen über 230-Volt-Kabel

PreussenElektra will künftig die Sprach- und Datenübertragung über 230-Volt-Leitungen ermöglichen.

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Von
  • Dusan Zivadinovic

Telefonieren und Internet-Zugang über die heimische Steckdose sollen bald Wirklichkeit werden. Der Stromversorger PreussenElektra, der zum VEBA-Konzern gehört, stellte am Dienstag in Barleben bei Magdeburg eine Technik vor, die die Sprach- und Datenübertragung über das Stromnetz ermöglicht. Mit der Powerline Communication könne der Deutschen Telekom nun auch auf der so genannten letzten Meile Konkurrenz gemacht werden, sagte der Vorstandsvorsitzende der PreussenElektra, Hans-Dieter Harig. Wer einen Stromanschluss habe, könne dann darüber auch telefonieren oder sich ins Internet einloggen. Der Kurs der VEBA-Aktie stieg nach der Ankündigung zeitweise um zehn Prozent auf 52 Euro.

Die Technik sei im Prinzip marktreif. Es müssten aber noch die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Bisher laufe der Einsatz der Technik mit Einzelgenehmigungen, sagte Harig. Hintergrund seien Abstrahlungen der Powerline-Technik, die Funkdienste stören, die den selben Frequenzraum verwenden. Die Regulierungsbehörde habe zwar einen tragfähigen Vorschlag zur Regulierung der Powerline-Technik vorgelegt, der Bundesrat habe ihn aber noch nicht passieren lassen.

Bei einem jetzt abgeschlossenen einjährigen Pilotversuch mit acht Haushalten in Sachsen-Anhalt habe die mit der Entwicklung beschäftigte Oneline AG in Barleben eine Box zum Einsatz gebracht, die Signale moduliert und über das Stromnetz überträgt. Der Nutzer könne sich gleichzeitig die Haare föhnen und über das Stromnetz telefonieren, sagte Harig.

Das 230-Volt-Modem, das die Verbindung zum Internet herstellt, wird wie es heißt "ohne großen Aufwand in der Nähe des Zählers oder des Hausanschlusskastens installiert". Es extrahiert die aus dem Weitverkehrsnetz empfangenen Signale und liefert sie über das Haushaltsnetz an den Computer weiter. Das zweigeteilte System schafft Internet-Daten mit bis zu 2 MBit pro Sekunde heran, und befördert sie innerhalb des 230-Volt-Haushaltsnetzes mit bis zu 10 MBit/s. Die Lösung von PreussenElektra hebt sich gegenüber der Konkurrenz durch die Art der Telefonanbindung ab: Für den Sprachdienst ist ein Teil der Bandbreite reserviert; die Internet-Datenübertragung verläuft getrennt davon. Weiterhin kündigt PreussenElektra als erster Stromversorger an, auch eine Surf-Box mit Powerline-Modem anbieten zu wollen. Sie soll Anwendungen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Spiele und anderes mehr enthalten. Außerdem will der Energieversorger damit auch den Stromverbrauch aus der Ferne ablesen und abrechnen.

Bis Jahresende sollen nun etwa 400 Haushalte in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen über den Stromversorger Avacon AG in einem Feldversuch mit der Anlage ausgerüstet werden. Avacon hat in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt rund 1,1 Millionen Kunden. Nach dem Feldversuch, bereits im kommenden Jahr, könnte das Verfahren flächendeckend angeboten werden, sagte Harig. Eine Novum dürfte die Abrechnung werden: Die Internet-Nutzung und sämtliche Ortsgespräche will man zu einem monatlichen Pauschalpreis anbieten, der unter den marktüblichen Preisen liegt.

Entwickelt hat das Verfahren die Oneline AG, an der PreussenElektra und der in Barleben ansässige Telefonanbieter RegioCom Anteile halten (RegioCom stellt auf der CeBIT in Halle 5 Stand E26 aus). Oneline werde alle Rechte und Patente halten und das Verfahren bis zur Marktreife bringen, sagte der Vorstandvorsitzende Dirk Mensing.

PreussenElektra ist mit dem eigenen Powerline-Projekt nach RWE, Siemens und Conaxion in Deutschland der vierte große Mitspieler bei der Entwicklung der Datenübertragung über Stromleitungen für den Internet-Zugang. Das Münchner Unternehmen Polytrax konzentriert seine Powerline-Forschung auf die Heimvernetzung. (dz)