Privatsender wollen Online-Expansion der ARD bremsen

Angesichts von Internet-Angeboten öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten haben private Programmanbieter über ihren Verband heftige Vorwürfe erhoben: ARD & Co. nähmen die Begrenzungen, die der neue Staatsvertrag ihnen auferlege, nicht ernst.

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Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland seien bei ihrem Drang, das Internet mit Angeboten zu besetzen, nicht ernsthaft genug bereit, sich von gesetzlichen Vorgaben bremsen zu lassen – diesen Vorwurf haben private Programmanbieter erhoben.

Wie die Financial Times Deutschland berichtet, hat der Verband privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT), in dem Privatsender wie RTL, SAT.1/Pro7, MTV, VIVA, n-tv, NBC Deutschland und andere organisiert sind, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und insbesondere die ARD wegen deren Internet-Aktivitäten angegriffen. Anlässlich einer Anhörung des Sächsischen Landtages zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV) kritisierte Verbandspräsident Jürgen Doetz am vergangenen Donnerstag die Ausgestaltung der Drei-Stufen-Tests, welche die öffentlich-rechtlichen Sender bereits vor Inkrafttreten der im 12. RÄndStV festgelegten Bestimmungen anlaufen ließen.

Er habe "große Zweifel", ob die Rundfunkanstalten ernsthaft die Absicht verfolgten, die Bedingungen für ihre Online-Expansion einzuhalten. Der im Oktober 2008 beschlossene RÄndStV schreibt ARD und ZDF vor, beispielsweise ihre Online-Mediatheken einem sogenannten Dreistufentest zu unterziehen, der klären soll, ob der "publizistische Mehrwert" und die gesellschaftliche Relevanz die Gebührenfinanzierung – und damit die Wettbewerbssituation gegenüber privaten Anbietern – rechtfertigen. Aus Sicht des VPRT sind schon diese Vorgaben "grundsätzlich nicht geeignet, um ein transparentes und faires Verfahren sicherzustellen".

Grundsätzlich seien freiwillige Tests zwar zu begrüßen. Bislang seien aber "weder die Unabhängigkeit des Prüfverfahrens noch die Beschwerde- und Anhörungsrechte der Betroffenen" ausreichend gewährleistet. Überhaupt sei die Art und Weise der Umsetzung "weder organisatorisch noch inhaltlich akzeptabel". "Geradezu absurd" seien "pauschale Begründungen der Anstalten zur gesellschaftlichen Legimitation ihrer geplanten Angebote. Sollte es den Gremien wirklich ausreichen, dass ihre Notwendigkeit vornehmlich damit begründet wird, dass diese anders als die privaten Angebote werbefrei und vermeintlich kostenfrei zugänglich sind, können wir uns alle folgenden Drei-Stufen-Tests von vornherein sparen", so Doetz. Was seinen Weg auf die Internet-Seiten von ARD & Co. finde, entspreche zumindest teilweise nicht dem Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen, sondern sei schlichtweg nicht marktverträglich. Dies betreffe etwa Angebote wie NDR-Mediathek, KI.KAplus und kikaninchen.de. Dem gegenüber würden bei der Abwägung der Wettbewerbssituation kostenpflichtige Konkurrenten wie "Toggolino" von Super RTL einfach nicht berücksichtigt.

Bereits seit Monaten dauern die Streitigkeiten zwischen privatwirtschaftlichen Medienanbietern und öffentlich-rechtlichen Anstalten über gebührenfinanzierte Internet-Angebote an. Zuletzt hatte die anstehende Neufassung der sogenannten Rundfunkmitteilung der EU-Kommission den Streitparteien neue Munition geliefert. Bund und Länder stehen dem damit einhergehenden Versuch, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf europäischer Ebene einheitlicher zu regeln, nicht unbedingt begeistert gegenüber. Die Privaten wiederum rügen die "deutliche Abwehrhaltung" der Regierungen gegenüber den europäischen Regelungsansätzen. Der VPR hingegen unterstütze "die EU-Kommission in ihrem Bemühen, faire Rahmenbedingungen für das Miteinander von öffentlich-rechtlichen Anstalten und privaten Medienanbietern zu schaffen".

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat die Kritik an der Praxis der Drei-Stufen-Tests bereits zurückgewiesen. Anders als behauptet hätten die vom Rundfunkrat beauftragten Gutachter durchaus auch "die Auswirkungen auf kommerzielle Bezahlangebote" berücksichtigt, sagte Karl-Heinz Ducke, Vorsitzender des MDR-Rundfunkrats.

Die privaten Sender erwägen nun, sich wiederum an die EU-Kommission zu wenden. Dort war 2006 ein vom VPRT angeregtes Beihilfeverfahren gegen ARD und ZDF eingestellt worden. Eine Bedingung für die Verfahrenseinstellung bestand darin, dass die Rundfunkanstalten Prüfungsverfahren wie den Dreistufentest einführen würden. (psz)