Projekt "Die Astronautin": Sechs Frauen greifen nach den Sternen

Wer wird Deutschlands erste Astronautin? Nach einem Jahr und zahlreichen Tests stehen die sechs Finalistinnen des Wettbewerbs "Die Astronautin" fest. Ob der Weltall-Traum in Erfüllung geht, steht aber noch in den Sternen.

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Projekt "Die Astronautin": Sechs Frauen greifen nach den Sternen

(Bild: dieAstronautin.de)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Von Antonia Schaefer
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Claudia Kessler wollte es wissen: "Wer wird Deutschlands erste Astronautin?" Und 490 Frauen antworteten: "ich!" Rund ein Jahr, etliche Tests und Medienauftritte später, stellte Kessler, die Initiatorin des Projekts "Die Astronautin", ihre sechs Spitzenkandidatinnen am Mittwoch in Bremen vor. Eine von ihnen soll voraussichtlich ab 2020 für rund zehn Tage zur Internationalen Raumstation ISS fliegen.

Ob das klappt, ist aber noch unklar, denn die privat organisierte und finanzierte Initiative sucht derzeit Sponsoren, um die Kosten für den Weltraumausflug und die Astronautenausbildung – nach ihrer jüngsten Schätzung rund 50 Millionen Euro – zu decken. Bisher ist nur ein Bruchteil der Summe zusammengekommen. Zunächst war die Initiative von mehr als 30 Millionen Euro Kosten ausgegangen.

Die Präsentation am Mittwoch glich wohl auch deshalb einem Werbeevent. Mit dramatisch unterlegter Musik, die Sci-Fi Erinnerungen wach werden lässt, startet die Eröffnung in einer ganz im Weltraumstil gehaltenen Werkshalle von Airbus Defence&Space. Sogar ein begehbares Modell der ISS hängt über den Köpfen der mehreren Hundert Gäste. Mit Klimperdose und Crowdfunding Kampagne versuchen die Veranstalter Sponsoren zu gewinnen; Wirtschafts-, Politik- und Medienvertreter waren in Vielzahl geladen.

"Das ist hier keine Mickeymaus-Veranstaltung", sagt Matthias Hill, Gründungsmitglied der Initiative gleich zu Beginn und spielt auf die wenig ernsthafte Medienberichterstattung zum Anfang der Initiative an. "Aus meiner Spinneridee ist ein erwachsenes Projekt geworden", erklärt auch Initiatorin Kessler und schmunzelt. Ihre Initiative, eine Herzensangelegenheit, startete sie vor einem Jahr, um ein Vorbild für junge Mädchen zu schaffen.

Ihre Finalistinnen können sich jedenfalls sehen lassen: Eine Kampfpilotin ist darunter, eine Astrophysikerin und eine promovierte Raumfahrttechnikerin. Zum Anlass sind alle sechs in orange-schwarze Overalls und silberne Rollkragenshirts gekleidet. In Ehrgeiz, Wissenseifer und Bildung stehen sich die Spitzenkandidatinnen dem Anschein nach in nichts nach.

Schon aus der engen Auswahl von knapp 80 Frauen die sechs Finalistinnen auszuwählen, sei schwierig gewesen, sagt Claudia Stern, Leiterin des medizinisch-psychologischen Auswahlverfahrens. Die sechs übrigen Kandidatinnen hätten die medizinischen und psychischen Tests allesamt ohne Probleme gemeistert. Die Bekanntgabe der Gewinnerin und ihrer Stellvertreterin findet am 19. April in Berlin statt.

"Meine Mitbewerberinnen sind allesamt großartige Menschen", sagt Finalistin Susanne Peters. Die Potsdamer Luft- und Raumfahrttechnikingenieurin sieht ihren Vorteil in ihrer Vielseitigkeit: Neben Taekwondo, läuft sie Halbmarathons und reist viel.

Sportlich ausgefallene Hobbys, so der Anschein, sind ein wiederkehrendes Phänomen unter den Spitzenkandidatinnen – Karate, Kite-Surfen, Klettern, alles mit dabei. Dass das kein Zufall ist, weiß Ulrich Walter, der selbst 1993 die Erde in einer Rakete verließ. "Tagtäglich fensterlos in einer Tonne; das Astronautenleben und -training ist extrem körperlich und psychisch anstrengend".

Finalistin Nicola Baumann, Eurofighter-Pilotin bei der Bundeswehr, freut sich auf die Herausforderung: "Die 70.000 PS des Kampfjets sind mir mittlerweile ein bisschen wenig Schub", sagt die Münchnerin. "Da käme eine Rakete gerade passend".

Selbst wenn "Die Astronautin" an der Finanzierung scheitert, so ist es doch ein großartiger Denkanstoß, meint Magdalena Pree, die mit 28 Jahren die jüngste der Finalistinnen ist. Claudia Kessler aber bleibt zuversichtlich: "Ich bin so was von überzeugt, dass das klappt", sagte sie strahlend. "Die Zeit ist reif für Deutschlands erste Astronautin."


Nicola Baumann: Die geborene Münchnerin, Jahrgang 1985, ist Eurofighter-Pilotin bei der Bundeswehr. Seit ihrer Ausbildung zur Kampfflugzeugpilotin in den USA sind Geschwindigkeiten von mehr als 2000 Stundenkilometern und Überschläge in der Luft für sie Alltag. Ihr Traum aber bleibt eine Karriere in der Raumfahrt. Um mithalten zu können, hat sie zusätzlich ein Fernstudium in Maschinenbau draufgesattelt. Baumann ist verheiratet und lebt in Köln. Zu ihren Hobbys gehören Skifahren, Mountainbiken, Kitesurfen und Tauchen.

Lisa Marie Haas: Die Entwicklungsingenieurin aus Nürtingen (Baden-Württemberg), Jahrgang 1983, ist promovierte Physikerin. Beim Unternehmen Robert Bosch in Reutlingen ist sie auf Sensor-Technik spezialisiert. Zum Beispiel darauf, dass sich das Display bei Handys automatisch mitdreht. Haas ist verheiratet, hat zwei kleine Söhne und lebt in Bempflingen. In ihrer Freizeit liebt sie Bewegung – ihre Hobbys reichen von Karate bis Ballett.

Susanne Peters: Bei der promovierten Raumfahrttechnikerin Susanne Peters, Jahrgang 1985, hingen Planetenposter schon im Kinderzimmer. Die gebürtige Potsdamerin arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität der Bundeswehr in München. Im Moment beschäftigt sie sich damit, wie man Weltraummüll wieder los wird. In ihrem Zimmer hängt nun eine Karte der Erde. "Raumfahrt heißt auch, eine globale Sicht auf die Dinge zu haben", sagt sie. "Man sieht von da oben keine Grenzen, nur einen fragilen und zerstörbaren Planeten." Peters stählt sich regelmäßig bei Halbmarathons. Zu ihren Hobbys gehören auch Taekwondo - und Reisen.

Magdalena Pree: Die 28-jährige Luft- und Raumfahrttechnikerin, aufgewachsen bei Passau, hat schon über die ISS geforscht. Ihre Abschlussarbeit an der Technischen Universität München schrieb sie über Raumanzüge und Außenbordeinsätze. Heute arbeitet sie im Galileo Satelliten-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen, das zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gehört. Pree kann Kleinflugzeuge fliegen und sich gut verteidigen. Seit sie sechs ist, macht sie Karate und trägt heute den schwarzen Gürtel – dritter Dan. Zu den Hobbys der gebürtigen Österreicherin mit deutschem Pass gehört auch Bergsteigen.

Suzanna Randall: Die Astrophysikerin, Jahrgang 1979, ist dem Himmel ganz nah. Die gebürtige Kölnerin forscht über die Entwicklung von Sternen. Sie arbeitet an der Europäischen Südsternwarte in Garching bei München und auch für Alma, eines der größten Radioteleskope der Welt in Chile. Randall studierte in England und Kanada und lebt heute in München. Ihre Hobbys reichen von Gleitschirmfliegen bis zur Musik – sie spielt Klavier und singt im Chor.

Insa Thiele-Eich: Die Meteorologin, Jahrgang 1983, ist Grundlagenforscherin für Wetter- und Klimavorhersagen. Ihre Doktorarbeit schrieb die gebürtige Heidelbergerin über die Auswirkungen des Klimawandels auf Bangladesch. Sie arbeitet heute für das Meteorologische Institut der Universität Bonn. Insa Thiele-Eich ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Königswinter bei Bonn.

[Update, 02.03.2017, 10:45 Uhr] Die fehlenden Informationen zu Nicola Baumann wurden ergänzt. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen. (kbe)