Quad9 sperrt Warez-Seite Canna.to weltweit angesichts drohender Strafe

Das Landgericht Hamburg hat dem DNS-Resolver Quad9 im Streit mit Sony Music ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro angedroht. Das bisherige Geoblocking reiche nicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 174 Kommentare lesen

(Bild: ronstik/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Der in Zürich ansässige DNS-Dienst Quad9 sieht sich gezwungen, eine globale Sperre gegen das Portal Canna.to und die Zweitdomain canna-power.to einzurichten. Grund ist, dass das Landgericht Hamburg dem DNS-Resolver im Streit über die Zugangsermöglichung zu den Download-Seiten mit urheberrechtlich geschützten Songs von Sony Music ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht hat. Quad9 implementierte direkt nach der von den Richtern Ende 2021 ausgesprochenen Anordnung ein Geoblocking für Nutzer aus Deutschland. Diese Maßnahme reicht dem Konzern und dem Gericht aber nicht aus.

"Sony hat zwei Fälle nachgewiesen, in denen der betreffende Domainname von Deutschland aus aufgelöst wurde", erläutert Quad9 in einem Blogeintrag. Dabei handle es sich um Zugriffe über ein Virtual Private Network (VPN) sowie über einen Mobilfunknetzbetreiber. Zudem könnten Anfragen deutscher Herkunft über Landesgrenzen hinweg an nichtdeutsche Server übermittelt worden sein. Sony argumentierte erfolgreich vor dem Landgericht, dass der DNS-Betreiber das Urteil damit nicht vollständig befolge. Quad9 ist dagegen der Ansicht, "dass wir im Einklang mit den Anforderungen des Gerichts gehandelt haben und dass die Übermittlung von Anfragen außerhalb der Gerichtsbarkeit (über Landesgrenzen hinweg) nicht in den Geltungsbereich" des Richterspruchs falle.

Für das bisherige Geoblocking hat die gemeinnützige Stiftung nach eigenen Angaben "ein branchenübliches Produkt verwendet und viel in unsere Infrastruktur investiert, um die Leistungseinbußen aufgrund der Blockadeanforderungen auszugleichen". Man sei der Ansicht, "dass wir keine Kontrolle über die Routing-Richtlinien der Mobilfunkbetreiber haben und auch nicht kontrollieren können, ob Benutzer über ein VPN vorgeben, sich in einem anderen Land zu befinden". Quad9 hofft daher, "dass wir uns am Ende durchsetzen werden". Es sei "unangemessen und unverhältnismäßig", eine globale Sperre auf Basis einer nationalen Gerichtsentscheidung einführen zu müssen.

Quad9 zeigte sich zugleich bereit, "den Kampf um den freien Zugang zu Informationen und die Souveränität im Internet fortzusetzen". Sie sehen in der Auseinandersetzung mit Sony, mit dem das Plattenlabel die rechtswidrige Verbreitung des Albums "The Bitter Truth" von Evanescence stoppen will, einen Präzedenzfall für das offene Internet. Serviceanbieter, die selbst keine Inhalte hosten, dürften nicht zur Durchsetzung von Sperrmaßnahmen gezwungen werden. Es sei normal, dass sich ein solcher juristischer Streit über Monate und Jahre hinziehe und man einen langen Atem über mehrere Instanzen hinweg haben müsse.

Gegen die einstweilige Verfügung aus Hamburg hat Quad9 Berufung eingelegt, die nun vom Hanseatischen Oberlandesgericht geprüft wird. Parallel verurteilte das Landgericht Leipzig den DNS-Resolver Anfang März nicht nur als Störer, sondern als Täter von Urheberrechtsverletzungen. Demnach hat der Anbieter keinen Anspruch auf die für Zugangsprovider im Telemediengesetz (TMG) vorgesehenen Haftungsprivilegien. Gegen dieses Urteil ist Quad9 am 6. Juni ebenfalls in die Berufung gegangen. Damit muss sich nun das Oberlandesgericht Dresden beschäftigen. Der DNS-Dienst bringt hier vor, dass die niedere Instanz ihn völlig falsch eingestuft habe: Hosting-Anbieter beziehungsweise Plattformen, über die Inhalte zum Abruf über das Internet bereitgestellt werden, unterschieden sich grundsätzlich hinsichtlich ihrer technischen Funktionalität und der Einflussmöglichkeiten des Anbieters auf von Kunden eingestellte Inhalte zum Betrieb eines DNS-Resolvers.

(axk)