#RKIFiles: Whistleblower leakt ungeschwärzte Protokolle des Corona-Krisenstabs

Mit dem Leak interner Protokolle des Corona-Krisenstabs im RKI endet ein jahrelanges Tauziehen um die Informationsfreiheit. Lauterbach: "Nichts zu verbergen."​

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einer Schutzmaske.

"Follow the Science": Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einer Schutzmaske.

(Bild: Juergen Nowak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

In die schleppende Aufarbeitung der politischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie kommt neue Bewegung. Eine Gruppe von Journalisten hat am Dienstag interne Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) und umfangreiches weiteres Material aus den Jahren 2020 bis 2023 veröffentlicht. Darin sind den Angaben zufolge sämtliche Sitzungsprotokolle des RKI-Krisenstabs aus der Zeit der Pandemie enthalten.

Die Daten in dem rund 10 GB umfassenden Paket stammen von einer Person, die für das RKI gearbeitet hat, sagte die Journalistin Aya Velázquez am Dienstag in einer Pressekonferenz in Berlin. Sie spricht sich für eine "kompromisslose und ehrliche Aufarbeitung" der Corona-Politik in Deutschland aus.

Ersten Auswertungen zufolge finden sich in den Unterlagen Hinweise, dass die während der Corona-Pandemie von der Politik ergriffenen Maßnahmen im RKI kritisch gesehen wurden. Das von Politikern gerne benutzte Schlagwort der "Pandemie der Ungeimpften" etwa hielten RKI-Experten für "fachlich nicht korrekt". Auch formulierten Mitglieder des Krisenstabs Zweifel an der Wirksamkeit von Maskenpflicht oder Schulschließungen.

Mit dem Leak endet ein jahrelanges Tauziehen zwischen dem Bund und einer Handvoll Journalisten, die Einsicht in Regierungsunterlagen aus der Pandemie gefordert hatten. Der Publizist Paul Schreyer hatte im Mai 2021 die Herausgabe der RKI-Akten auf Grundlage des Informationsgesetzes eingeklagt.

Das RKI hat die Unterlagen dann im März 2023 mit vielen Schwärzungen veröffentlicht. Die Schwärzungen begründete das RKI mit dem Schutz der betroffenen Personen sowie schützenswerter betrieblicher und politischer Geheimnisse. Erst nach einer weiteren Klage begann das Institut, weitere ungeschwärzte Unterlagen zu veröffentlichen – allerdings nur bis Mitte 2021.

Damit fehlten die Unterlagen aus der Zeit des amtierenden Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD). Der versprach im März dieses Jahres, sich weiter für eine Entschwärzung der RKI-Unterlagen einzusetzen. Lauterbach wollte sich aber auch nicht festlegen, wann der Rest der Protokolle bis zur Auflösung des Krisenstabs im Juli 2023 freigegeben werden soll.

Diese Lücke schließen nun die Unterlagen des Whistleblowers, die laut Velázquez die vollständigen Unterlagen bis 2023 enthalten. Von den über 4000 Seiten seien etwa 1500 bisher noch nicht veröffentlicht worden. Die Akten dürften unter anderem weitere Klarheit darüber bringen, ob und wie weit die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und der Behörden wissenschaftlich gedeckt waren.

Das RKI will die Vollständigkeit der Unterlagen nicht bestätigen, kritisiert die Veröffentlichung aber erwartungsgemäß: "Soweit in diesen Datensätzen personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter rechtswidrig veröffentlicht und insbesondere Rechte Dritter verletzt werden, missbilligt das RKI dies ausdrücklich", teilte das Institut am Dienstag mit. Dabei verspricht das RKI jetzt, "die verbleibenden Protokolle bis zum Ende der Krisenstabs-Sitzungen im Juli 2023 so schnell wie möglich zu veröffentlichen".

Auch Lauterbach stößt in dieses Horn. "Das ⁦RKI⁩ hatte ohnedies vor, mit meiner Zustimmung, die RKI-Files des Corona-Krisenstabs zu veröffentlichen", teilte der Minister auf X mit. Jetzt sei das ohne Schutz der beteiligten Personen passiert. "Zu verbergen gibt es trotzdem nichts."

(vbr)