Ramstein ist offenbar ein zentraler Puzzlestein im US-Drohnenkrieg
Die deutsche Regierung hat immer wieder bestritten, an gezielten Tötungen im Rahmen des US-Drohnenkriegs beteiligt zu sein. Aber nun wird berichtet, dass eine US-Basis auf deutschem Boden für die Drohneneinsätze unverzichtbar ist.
Auf der Ramstein Air Base in der Nähe von Kaiserslautern werden Livebilder der umstrittenen Drohneneinsätze des US-Militärs ausgewertet und mit geheimdienstlichen Erkenntnissen abgeglichen. Damit spielt die US-Basis eine deutlich zentralere Rolle im US-Drohnenkrieg als bislang angenommen, haben Recherchen von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung ergeben. Die Anlage fungiere demnach als Relaisstation, um die weltweit operierende Drohnenflotte zu steuern; nicht nur die in Afrika, was bislang vermutet worden sei. Das gehe aus US-amerikanischen Dokumenten und der Aussage eines ehemaligen Drohnen-Piloten hervor.
Der Ex-Drohnen-Pilot Brandon Bryant wird bei der Süddeutschen Zeitung mit den Worten zitiert: "Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnen-Krieg des US-Militärs nicht möglich." Bryant steuerte demnach fast fünf Jahre lang Drohnen der US-Luftwaffe von Stützpunkten im Irak und den US-Bundesstaaten New Mexico und Nevada aus. Bei Tausenden solcher Drohneneinsätze habe er die Bordkameras gelenkt und Ziele für Raketen markiert. Bei seinem Abschied sei seiner Einheit bescheinigt worden, an insgesamt 1262 Tötungen beteiligt gewesen zu sein.
Bei keinem einzigen seiner Einsätze habe er am Anfang nicht in Ramstein angerufen, berichtet Bryant. Mit der Air Base war er demnach immer über ein Glasfaserkabel verbunden. Von dort würden die Steuerungssignale dann über eine Satellitenverbindung an die Drohnen übertragen. Die sei dann auch hin und wieder von schlechtem Wetter in Deutschland beeinflusst worden, was teilweise für erhebliche Verzögerungen der Übertragung gesorgt habe. Außerdem sei in Ramstein eine Einrichtung des Distributed Ground Systems (DGS) stationiert. Die analysieren demnach die Einsätze in Echtzeit und teilen den Drohnenpiloten per Chat über mIRC Zusammenfassungen mit. So seien sie direkt an den Einsätzen beteiligt.
Eine Handynummer reicht zur genauen Ortung
Schließlich erklärt Bryant noch, wie das US-Militär Zielpersonen ortet, von denen lediglich die Handynummer bekannt ist. Solche Handynummern gibt etwa auch der BND weiter, wobei die Bundesregierung der Auffassung ist, dass damit keine gezielten Tötungen möglich sind. Hintergrund ist, dass im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet deutsche Dschihadisten leben, die grundgesetzlich extra geschützt sind. Bryant erklärt nun, dass man mit der Handynummer weiß, in welcher Funkzelle sich das Mobiltelefon der Zielperson befinde. Zur genaueren Ortung nutze man dann ein Gerät namens Gilgamesh.
Das Gerät werde an eine Drohne gehängt und funktioniere wie ein mobiler Handymast. Die Handys im Umkreis nehmen automatisch Kontakt auf; ist ein gesuchtes dabei, fliege die Drohne im Kreis. Durch die andauernden Kontaktaufnahmen des Mobiltelefons lasse sich dessen Besitzer orten – auf einen Meter genau. Weil Handys, die Gilgamesh anfunken, auch immer die eigene Telefonnummer, die SIM-Kartennummer und die Seriennummer des Handys mitsenden, könne auch registriert werden, wenn eine Zielperson ihr Handy wechsle. Die SIM-Kartennummer bleibe ja identisch.
Zur Aussage vor NSA-Ausschuss bereit
Insgesamt mache das deutlich, dass die Vereinigten Staaten das Vertrauen der Bundesregierung missbrauche, meint Bryant: "Und wenn meine Regierung schon nicht die Wahrheit sagt, muss es ja irgendwer machen." Gerne wĂĽrde er dazu auch vor dem NSA-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen, bislang sei er aber nicht gefragt worden. (mho)