Recht auf schnelles Netz: Der "Mindestlohn" der Internetzugänge

Die Vorgaben zur Internetgrundversorgung mit 10 MBit/s im Download stehen jetzt im Bundesgesetzblatt. Die Bundesnetzagentur vergleicht sie mit dem Mindestlohn.

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(Bild: Pixelvario/Shutterstock.com)

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Die umstrittene Verordnung über die Mindestanforderungen für das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten (TKMV) ist jetzt von Amts wegen verkündet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Festgelegt sind damit als Mindeststandards für die Internet-Grundversorgung eine Bandbreite von 10 MBit/s im Download und 1,7 MBit/s im Upload bei einer Latenz von maximal 150 Millisekunden (ms). Diese Vorgaben sind mit der offiziellen Bekanntgabe rückwirkend zum 1. Juni 2022 in Kraft getreten.

Die Bundesregierung hatte die Werte Anfang Mai auf Empfehlung der Bundesnetzagentur (BNetzA) hin beschlossen. Der Digitalausschuss des Bundestags sowie vorige Woche der Bundesrat stimmten der TKMV zwar zu, forderten aber eine kritische Prüfung und Ergänzung. BNetzA-Präsident Klaus Müller, der sich als Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) anfangs für eine Mindestbandbreite von 50 MBit/s ausgesprochen hatte, betonte nun: "Wir halten die Festlegung für ausgewogen."

"Das ist wie beim Mindestlohn", begründete Müller die Ansicht des Regulierers: "Die meisten Menschen bekommen heute schon deutlich mehr Bandbreite, aber künftig darf niemand darunter fallen." Es handle sich um einen ersten Schritt. Die BNetzA werde die Werte jährlich überprüfen, sie dürften in den kommenden Jahren steigen.

Die Bundesregierung sicherte den Ländern vergangenen Freitag in einer Protokollerklärung zu, die Mindestrate beim Download von 10 auf 15 MBit/s anzuheben sowie auch beim Upload draufzusatteln. Dies soll Mitte 2023 mit der geplanten ersten Evaluierung und Überarbeitung der TKMV erfolgen.

Prinzipiell verankerte der Bundestag den erweiterten Universaldienst schon voriges Jahr im Telekommunikationsgesetz (TKG). Demnach hat jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf Versorgung mit einem Mindestangebot an Sprachkommunikation, also Telefon, und einem "schnellen" Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe. Die Abgeordneten hatten die geforderte Downloadleistung zunächst "durch ein 30-MBit-Produkt erreicht" gesehen.

Die tatsächlich zu erfüllenden Raten finden sich aber erst jetzt in der TKMV. Bei Sprachdiensten sind demnach mindestens 64 KBit/s in beide Richtungen zu garantieren. Grundsätzlich darf die Signallaufzeit zwischen dem heimischen Anschluss und einem zur Bandbreitenmessung eingesetzten Server der Bundesnetzagentur hier ebenfalls 150 ms nicht überschreiten.

"Wir befassen uns nun zügig mit den Fällen, in denen Menschen noch ohne ein Mindestangebot an Telekommunikationsdiensten sind - wie beispielsweise Sprachtelefonie, Videotelefonie oder Online-Banking", versicherte Müller. "In solchen Fällen werden wir die Anbieter nötigenfalls hierzu verpflichten. Wo immer das möglich ist, werden wir die gesetzlichen Höchstfristen nicht ausschöpfen, um möglichst schnelle Verfahren zu gewährleisten." Die Agentur rechnet mit 330.000 Berechtigten.

Von der Beschwerde bei der BNetzA über eine Nichtversorgung bis zur Bereitstellung der Mindestinternetbandbreite sind planmäßig bis zu 14 Monate vorgesehen. Es könne aber viel länger dauern, da für die Bearbeitung der anspruchsberechtigten Haushalte kein zusätzliches Personal bei der Behörde vorgesehen sei, monieren Kritiker. Ob das Mindestinternet bezahlbar sein wird, bleibe ebenfalls offen.

Laut TKG müssen verpflichtete Provider die Grundversorgung zu einem "erschwinglichen" Preis anbieten. Dieser orientiere sich an der Entwicklung der allgemeinen Tarife für Telekommunikationsdienste, erläutert die BNetzA. Man werde daher in Bälde die Gebühren festlegen und den Markt im Blick behalten. Die Grundsätze über die Ermittlung der Preise für die konkreten Dienste und den dafür notwendigen Anschluss will die Regulierungsbehörde zeitnah publizieren.

Der Gesetzgeber habe nicht festgelegt, "mit welcher Technik das Mindestangebot zu erbringen ist", heißt es von der BNetzA. "Es besteht kein Anspruch auf Anschluss über eine bestimmte Technik, wie zum Beispiel Glasfaser." Ziel sei es, "dass die Mindestbandbreite in der Hauptwohnung oder am Geschäftsort verfügbar ist".

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Bürger, für die kein Mindestangebot verfügbar ist, können sich prinzipiell bereits seit Inkrafttreten der TKG-Novelle an die Bundesnetzagentur wenden. Das anschließende Verfahren ist detailliert gesetzlich geregelt: Sobald die Behörde eine Unterversorgung feststellt, informiert sie innerhalb von zwei Monaten die Telekommunikationsanbieter. Die Unternehmen haben dann einen Monat Zeit, freiwillig eine Versorgung mit dem Mindestangebot anzubieten. Sollte kein Unternehmen ein Angebot machen, wird die Bundesnetzagentur innerhalb von spätestens vier Monaten eines oder mehrere Unternehmen dazu verpflichten, den Haushalt mit einem Anschluss zu versehen und zugehörige Services anzubieten.

Die verpflichteten Anbieter müssen spätestens nach drei Monaten beginnen, die Voraussetzung für die Anbindung zu schaffen. In der Regel sollte das Mindestangebot dann innerhalb von weiteren drei Monaten zur Verfügung stehen. Die konkrete Dauer bis zum begehrten Anschluss hänge etwa davon ab, "ob erhebliche Baumaßnahmen erforderlich sind". Netzbetreiber beklagen hier momentan erhebliche Engpässe.

In den Topf, aus dem der Internetanschluss für alle bezahlt wird, müssen neben klassischen Telefonfirmen und Internetprovidern auch "nummernunabhängige interpersonelle Telekommunikationsdienste" in Form etwa von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Facebook, Signal und Threema einzahlen. Dafür hatte sich der Bundesrat stark gemacht. Die Höhe der jeweiligen Abgabe soll sich an der Anzahl der aktiven Nutzer in Deutschland bemessen.

(mki)