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Red Hat Enterprise Virtualization 3 vorgestellt

Thorsten Leemhuis

Die Management-Software in Red Hats umfassend aktualisierter Produktfamilie für Desktop- und Server-Virtualisierung löst sich aus der Windows-Abhängigkeit – ein Stück weit.

Red Hat hat die Version 3 seiner Red Hat Enterprise Virtualization [1] (RHEV) genannten Familie von Virtualisierungssoftware vorgestellt [2]. Hauptprodukt der im Herbst 2009 [3] eingeführten und im Sommer 2010 [4] aktualisierten Produktreihe ist RHEV für Server [5]. Er besteht aus dem Hypervisor RHEV-H und einer Management-Software (RHEV-M), die auch Systeme verwaltet, bei denen statt RHEV Red Hat Enterprise Linux (RHEL) als Host verwendet wird. RHEV für Desktops [6] ist ein "Add-on" für den RHEV-Server, mit dem sich eine Virtual Desktop Infrastructure (VDI) aufsetzen lässt –hier läuft das Desktop-Betriebssystem als Gast auf einem Server und die Nutzer schalten sich von (Thin-)Clients auf diese entfernt laufenden Systeme.

Wie bisher nutzt der nur einige hundert Megabyte große RHEV-Hypervisor zur Virtualisierung KVM (Kernel-based Virtual Machine) und setzt viele Kernkomponenten von RHEL ein, die im neuen RHEV 3 aus der aktuellen RHEL-Version 6.2 [7] stammen und nicht mehr wie beim Vorgänger von RHEL 5. Dadurch bringt der neue RHEV-H viele Verbesserungen, die RHEL 6 schon länger bietet: Gastsysteme können nun bis zu 64 virtuelle CPU-Kerne und bis zu 2 TByte Arbeitsspeicher nutzen. Techniken wie vhost-net [8], Transparent huge pages [9] (THP), x2apic [10] und KSM [11] (Kernel Shared Memory) sollen die Performance verbessern und die Effizienz steigern.

Die Management-Server-Software soll um über tausend neue Funktionen erweitert worden sein. RHEV-M wurde von C# auf Java portiert; damit läuft die Software jetzt auf RHEL 6 mit JBoss Enterprise Application Platform, statt wie in der Vorversion einen Micosoft Windows Server zu benötigen. Ganz los ist Red Hat die mit dem Kauf von Qumranet [12] ins Haus geholte Abhängigkeit von Windows allerdings noch nicht: Die "Administrator Console", das Webfrontend von RHEV-M, lässt sich nur von einem Windows-Rechner mit Internet Explorer 7 und .NET Framework 4 bedienen. Dieses Manko will Red Hat mit der nächsten RHEV-Version beseitigen. [Update, 20110120-1045] Der Internet-Explorer darf auch neuer als die Version 7 sein. Das Plattform-unabhängige Web-Interface, das die Administrator Console in Zukunft ersetzen soll, liegt als Technology Preview bei, bietet aber noch keinen vergleichbaren Funktionsumfang. [/Update]

Zur Kommunikation zwischen Client und virtualisiertem Desktop-Betriebssystem setzt RHEV wie bisher auf das von Qumranet entwickelte Spice. Das will Red Hat an einigen Stellen verbessert haben; so sollen Anwender nun nahezu beliebige USB-1.1/2.0-Geräte an den Clients betreiben können, die Spice an das entfernt virtualisiert laufende Desktop-Betriebssystem weitergibt. Auch Ressourcen-hungrige Anwendungen sollen sich jetzt virtualisiert betreiben lassen.

Die verschiedenen RHEV-Produkte basieren laut Red Hat auf Open-Source-Software. Die mit Qumranet eingekaufte Management-Software und eine Reihe andere RHEV-spezifischer Bausteine hat Red Hat vergangenen Herbst dem oVirt-Projekt [13] übergeben, wo das Unternehmen sie seitdem mit Firmen wie Canonical, Cisco, IBM, Intel, NetApp und Suse weiterentwickelt. Einige Hintergründe zu den Komponenten von oVirt finden sich über einen Blog-Eintrag [14] des Projekts.

Genau wie RHEL vertreibt Red Hat RHEV in einem Abonnentenmodell. Der jährliche Preis richtet sich beim Server-Produkt nach der Zahl der Prozessor-Sockel in den Wirtssystemen und dem Support-Modell. Laut Red Hat soll das einfacher und günstiger sei als die Lizenzierung vergleichbarer Produkte. Dabei schießt Red Hat vor allem in die Richtung von Virtualiserungs-Spezialist und -Schwergewicht VMware.

Datenblätter und PDF-Dokumente mit Informationen zu Funktionsumfang und Preisen sammelt Red Hat auf einer eigenen Website [15]. Auf der eigenen Dokumentations-Homepage hält Red Hat einen Quick Start Guide [16], einen Evalualation Guide [17], einen Technical Reference Guide [18] und eine Handvoll weiterer Dokumente [19] mit eher technischen gehaltenen Informationen zu RHEV bereit. Interessierte können eine 60-Tage-Testversion von RHEV über die RHEV-Webseiten anfordern [20]. Zur Vorstellung von RHEV 3.0 hat Red Hat eine virtuelle Konferenz abgehalten; einige der fast zwei Dutzend Vorträge sind nach einer Registrierung [21] auch jetzt noch abrufbar.

Parallel zur Verstellung von RHEV 3.0 hat Red Hat den "Red Hat Market Place [22]" gestartet. Software-Hersteller stellen auf diesem Marktplatz Informationen und Testversionen ihrer auf RHEV abgestimmten Produkte vor. Dort findet sich etwa die "Acronis Backup & Recovery Virtual Edition", der "Stratusphere Server FIT with Host Designer for RHEV" oder die "VKernel vOperations Suite". Das Siegel "Red Hat Enterprise Virtualization-certified" kennzeichnet Anwendungen, die einen Zertifizierungsprozess durchlaufen haben und sich über spezielle Programmierschnittstellen bei RHEV einklinken. Red Hat kündigte zudem an [23], mit Wyse [24] zusammenzuarbeiten, um Spice-Client-Software in Linux- und Windows-basierte Produkte des Thin-Client-Spezialisten zu integrieren. (thl [25])


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[1] http://www.redhat.com/promo/rhev3/
[2] http://www.redhat.com/about/news/prarchive/2012/Red-Hat-Enterprise-Virtualization-3-0-Delivers-Strategic-Virtualization-Alternative
[3] https://www.heise.de/news/Virtualisierungsplattform-von-Red-Hat-verfuegbar-849581.html
[4] https://www.heise.de/news/Red-Hat-aktualisiert-und-erweitert-Virtualisierungsprodukte-1028308.html
[5] http://www.redhat.com/promo/rhev3/pdf/rhev_for_servers_datasheet.pdf
[6] http://www.redhat.com/promo/rhev3/pdf/rhev_for_desktops_datasheet.pdf
[7] https://www.heise.de/tests/Red-Hat-Enterprise-Linux-6-2-1391508.html
[8] https://www.heise.de/hintergrund/Kernel-Log-Was-2-6-34-bringt-1-Netzwerkunterstuetzung-975558.html
[9] https://www.heise.de/hintergrund/Kernel-Log-Was-2-6-38-bringt-5-Architektur-Infrastruktur-und-Virtualisierung-1200909.html
[10] https://www.heise.de/hintergrund/Kernel-Log-Was-2-6-38-bringt-5-Architektur-Infrastruktur-und-Virtualisierung-1200909.html
[11] https://www.heise.de/hintergrund/Kernel-Log-Was-2-6-33-bringt-4-Architektur-und-Virtualisierung-928038.html
[12] https://www.heise.de/news/Red-Hat-investiert-in-Virtualisierung-Update-203170.html
[13] http://www.ovirt.org/
[14] http://www.ovirt.org/2011/11/01/workshop-underway-1-to-3-nov/
[15] http://www.redhat.com/promo/rhev3/resources.html
[16] http://docs.redhat.com/docs/en-US/Red_Hat_Enterprise_Virtualization/3.0/html-single/Quick_Start_Guide/index.html
[17] http://docs.redhat.com/docs/en-US/Red_Hat_Enterprise_Virtualization/3.0/html-single/Evaluation_Guide/index.html
[18] http://docs.redhat.com/docs/en-US/Red_Hat_Enterprise_Virtualization/3.0/html-single/Technical_Reference_Guide/index.html
[19] https://access.redhat.com/knowledge/docs/Red_Hat_Enterprise_Virtualization/
[20] http://www.redhat.com/promo/rhev3/tryrhev.html
[21] http://bit.ly/AxCJav
[22] http://marketplace.redhat.com/rhev/
[23] http://www.redhat.com/about/news/blog/Red-Hat-and-Wyse-Collaborate-on-Red-Hat-Enterprise-Virtualization-for-Desktops-3-0
[24] http://www.wyse.com/
[25] mailto:thl@ct.de