IFA

Region Berlin will Weichen in der Medienpolitik stellen

Kabel, MHP, Breitband und "Reality Shifts" in der New Economy sind die Buzzwords auf den Konferenzen der Internationalen Medienwoche.

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Mit dem Beginn der Internationalen Funkausstellung (IFA) drehen sich die Scheinwerfer wie alle zwei Jahre wieder nach Berlin. Die eigentlichen Weichen für die zukünftige Medienentwicklung werden jedoch in einer ganzen Reihe von Konferenzen am Rande des Elektronik-Spektakels gestellt, die erstmals unter der Dachmarke der "Internationalen Medienwoche Berlin-Brandenburg" firmieren. Das hoffen zumindest die Veranstalter, die mit dem am morgigen Donnerstag startenden Medienforum 2001, der Babelsberg 2001 sowie der BerlinBeta version 2001 der wachsenden Bedeutung des Medienregion Berlin/Brandenburg Rechnung tragen wollen.

Der Medienstandort im Nordosten hat seit Jahren mit einer regelrechten Profilneurose zu kämpfen, kann inzwischen aber mit einer rasch gewachsenen Startup-Szene, einigen Software- und Telekommunikationsunternehmen sowie mit Universal Music auch mit einem gewichtigen Neuzugang im Bereich der Musikwirtschaft aufwarten. Die aktuelle Landesstatistik für 1999 weist 8.800 Firmen mit über 100.000 Beschäftigten im Medien- und Kommunikationssektor aus. Andere Standorte wie München oder Köln "haben uns damit rein zahlenmäßig noch was voraus", sagt Bernd Schiphorst, Medienbeauftragter für Berlin und Brandenburg. Dort sehe man die Region aber inzwischen als "Angstgegner".

Ein "Aufbruchssignal" sieht der ehemalige Bertelsmann-Manager nun in der Medienwoche, die für die drei bisher vor sich hin wurstelnden Konferenzen abgestimmte Termine geschaffen hat und in Zukunft jährlich stattfinden soll. Thematisch geht es beim Medienforum vor allem um die Standards der digitalen Medienwelt. Die Medienanstalt Berlin/Brandenburg wird am Freitag ein Gutachten für den Zugang zum Kabel vorlegen, "dem wichtigsten Übertragungsweg" der Zukunft, wie der Direktor der Behörde, Hans Hege, meint. Davor gibt es eine Diskussionsrunde, in der die "neuen Herren des Kabels" endlich ihre Pläne offen legen sollen. Der Liberty-Konzern, der dem Alteigentümer Deutsche Telekom gleich sechs regionale Kabelnetze abkaufen will, wird dabei aber fehlen: Vertreter des Unternehmens müssen gleichzeitig mit dem Kanzler ein potenzielles kartellrechtliches Verbot der Einkaufstour bereden.

Vorstellen will Hege zudem Berlin-Brandenburg als Modellregion für den digitalen Rundfunk über Antenne (DVB-T). Bislang nutzen noch 7,4 Prozent der Berliner den terrestrischen Empfang fürs Fernsehen. Gemeinsam mit der Geräteindustrie wie den Sendern soll ihnen jetzt der Umstieg auf DVB-T schmackhaft gemacht werden, mit dem das viel beschworene Interaktive Fernsehen mit mehr Programmauswahl und direkten Rückmeldefunktionen möglich werden soll. Die Preise für die erforderlichen Settop-Boxen bewegen sich laut Hege momentan im Bereich von 500 Mark. Teurer wird der Spaß, wenn die Verbraucher auch die Multimedia-Home-Plattform (MHP) an Bord haben wollen, eine offene Schnittstelle für alle Formen des digitalen Fernsehens. Ob MHP in den kommenden 12 Monaten endlich den Durchbruch erzielen wird, ist die Kernfrage eines weiteren Panels.

Die Babelsberg 2001 präsentiert sich dagegen ähnlich wie die BerlinBeta als Forum der Macher und Kreativen, die für die Medieninhalte sorgen. Hier liegen die Stärken Berlins, sind sich Klaus Keil, Geschäftsführer des Filmboards Berlin/Brandenburg, und Stephan Balzer, Mitinitiator der Beta, einig. Die Stadt entfalte eine "magische Anziehungskraft" auf die Medienschaffenden, meint Keil, während Balzer gerade die in Berlin versammelten "jungen Kreativen" als Differenzierungsfaktor sieht. Film- und Fernsehproduzenten werden im Babelsberger fx.Center werden daher neue Großprojekte in Potsdam erörtern, wünscht sich Keil, und gleichzeitig Trends im Bereich Animation oder Erfolgsmessung erörtern.

Auf der BerlinBeta erwartet Designer, Web-Unternehmer und die noch hoffnungsvollen New-Economy-Durchstarter dagegen zum vierten Mal Ende nächster Woche ein crossmedialer Mix aus Buzzwords, Konferenz, Partys in Berlins angesagtesten Clubs und Filmfest. Angesichts der Ernüchterung rund um die digitale Wirtschaft wird es die Beta dieses Jahr schwerer haben, zahlende Besucher anzulocken. Nneben der Schiene "Digital Business and Finance", in der geklärt werden soll, wer überhaupt noch in den Internet- und Medienbereich Geld steckt, liegen Schwerpunkte aber auch beim Game-Design, Entertainment und der "Digital Fiction". (Stefan Krempl) / (jk)