Reichweitendrosselung: Rechter EU-Abgeordneter gewinnt Verfahren gegen Meta

Meta muss dem belgischen Rechtsextremen Tom Vandendriessche laut einem Berufungsurteil über 27.000 Euro Schadenersatz wegen "Shadowbanning" auf Facebook zahlen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 10 Kommentare lesen
Justizia-Figur vor einem Bildschirm mit dem Facebook-Logo

Der EU-Abgeordnete Tom Vandendriessche hat vor Gericht gegen Meta gewonnen. Das Unternehmen muss nun Schadenersatz zahlen.

(Bild: Cryptographer/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Berufungsgericht in Gent sieht es als erwiesen an, dass Facebook die Reichweite des dortigen Auftritts des belgischen EU-Abgeordneten Tom Vandendriessche von der rechtsextremen Partei Vlaams Belang ("Flämische Interessen") widerrechtlich stark gedrosselt hat. Der Facebook-Mutterkonzern Meta muss dem Politiker daher knapp 28.000 Euro Schadenersatz zahlen. Nach dem sogenannten Shadowbanning, das Facebook aufgrund Verstößen gegen die Hausregeln im Februar 2021 verhängte, soll die durchschnittliche Reichweite von Vandendriessches Seite im gleichen Jahr von 89.345 auf 4614 Abrufe von März bis Dezember gefallen sein. Danach stieg der Durchschnitt wieder auf 24.284 im Jahr 2022. 2023 soll sie 21.198 betragen haben.

In der Auseinandersetzung ging es um acht konkrete Beiträge, die eine nationalsozialistische Bücherverbrennung darstellten. Schon das zunächst von Vandendriessche angerufene Gericht in Brügge monierte aber, dass Meta eine Nazi-Bedeutung der Posts nicht habe nachweisen können. Der US-Konzern habe die Anzahl der Verstöße und Maßnahmen, die für eine Reichweitendrosselung erforderlich sind, nicht spezifiziert. Die einzige nachweisbare konkrete Botschaft sei ein Bild brennender Bücher. Die erste Instanz konnte darin aber keine "Präsenz, Unterstützung und Anpreisung gefährlicher Hassorganisationen" sehen. Vandendriessche habe nicht das Nazi-Regime verherrlicht, sondern einen Kontext geboten, um eine Form der angeblichen zeitgenössischen Zensur anzuprangern.

Die Berufungsinstanz befand nun zusätzlich, Meta habe bei der Verhängung des Banns "nicht im Einklang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gehandelt". Der Plattformbetreiber habe es auch versäumt, Nutzern ausreichende Verfahrensgarantien zu bieten, wenn sie sich bestimmten Sanktionen wegen angeblicher Verstöße gegen die Facebook-Nutzungsbedingungen oder vergleichbare Richtlinien ausgesetzt sehen. Ob das Shadowbanning auch einen Verstoß gegen Antidiskriminierungsgesetze darstellte, war für das Genter Gericht nach eigenen Angaben "nicht von praktischer Bedeutung". Es rügte aber ferner einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Im Kern stellten die Richter fest, dass bestimmte Facebook-Beiträge des Klägers gegen die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsrichtlinien von Facebook verstießen; andere aber eben nicht. Meta soll Vandendriessche daher für die Werbekosten entschädigen, die er aufwenden musste, um die Drosselung auszugleichen. Zudem muss das Unternehmen ihm 500 Euro wegen Rufschädigung zahlen. Vandendriessche hatte zunächst eine deutlich höhere Summe gefordert. Er sprach nach der Urteilsverkündung trotzdem von einem "ersten Sieg gegen Big Tech".

Meta meinte in einer ersten Reaktion dagegen, das Gericht habe auch prinzipiell das Recht des Anbieters bestätigt, Sanktionen wie eine vorübergehende oder dauerhafte Sperrung eines Kontos zu verhängen, um Regelverstöße zu ahnden. Laut einer Studie des Center for Democracy & Technology (CDT) gehört Shadowbanning zu einer der undurchsichtigsten Praktiken der Inhaltsmoderation in sozialen Medien. Rund zehn Prozent der US-Nutzer glaubten, schon Opfer einer solchen Maßnahme geworden zu sein – vor allem wegen ihrer politischen Ansichten (39 Prozent) oder ihrer Positionen zu sozialen Fragen (29 Prozent).

(are)