Rekordfund: Zwerggalaxie aus nur etwa 60 Sternen wohl voller Dunkler Materie

Eine winzige Ansammlung aus wenigen dutzend Sternen umkreist die Milchstraße womöglich seit Milliarden Jahren. Möglich wäre das wohl nur dank Dunkler Materie.

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Ein Teleskop unter einem Himmel voller Sternenstreifen

Entdeckt wurde die Zwerggalaxie mit dem Canada-France-Hawaii Telescope

(Bild: CFHT/Goebel)

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Eine internationale Forschungsgruppe hat eine extrem lichtschwache kleine Zwerggalaxie aus nur etwa 60 Sternen entdeckt, die die Milchstraße umkreist und ohne viel Dunkle Materie wohl nicht existieren würde. Das Objekt mit dem vorläufigen Namen Ursa Major III/UNIONS 1 – oder UMa3/U1 – scheint demnach mehr als 10 Milliarden Jahre alt zu sein. Würde es nicht durch Dunkle Materie zusammengehalten, wäre es in diesem Zeitraum längst durch unsere Heimatgalaxie auseinandergerissen worden, meint das Forschungsteam. Es sei schwer vorstellbar, wie das Objekt anders erklärt werden könnte, als die am stärksten durch Dunkle Materie dominierte Struktur, die wir kennen. Immerhin kommen selbst die kleinsten bekannten Galaxien auf tausende oder eher Millionen Sterne.

Links ein Bild der Himmelsregion, rechts die Sterne von UMa3/U1

(Bild: CFHT/S. Gwyn (rechts) / S. Smith (links))

Wie das Team jetzt erläutert, wurde die winzige Nachbargalaxie in Daten des Canada-France-Hawaii Telescopes entdeckt, das vom hawaiianischen Vulkan Mauna Kea in die Sterne blickt. Durch Nachfolgebeobachtungen habe man ermittelt, dass sich die Sternengruppe auf ihrem Orbit auch durch innere Regionen der Milchstraße bewegen. Gleichzeitig hätten erste Analysen ergeben, dass die Sterne selbst extrem alt sind und aus der Frühzeit des Universums stammen. Deshalb gehe man trotz der ungewöhnlich kleinen Zahl von Sternen davon aus, eine Zwerggalaxie und keinen Sternhaufen vor sich zu haben. Als zentrales Unterscheidungsmerkmal bezeichnen sie das mutmaßliche Vorhandensein von sehr viel Dunkler Materie, die die Struktur zusammenhält.

Bei UMa3/U1 handelt es sich entweder um den lichtschwächsten alten Sternhaufen oder die dunkelste und nächste Zwerggalaxie, die je entdeckt wurde. Auch weil die Existenz lichtschwacher, alter und von dunkler Materie dominierter Satelliten von Galaxien eine grundlegende Vorhersage des Standardmodells der Kosmologie sei, tendiert die Gruppe zu dieser Erklärung. Erst wenn man dort aber tatsächlich Hinweise auf eine große Menge an Dunkler Materie finde, könnte das Objekt als starke Unterstützung für die Hypothese der sogenannten kalten Dunklen Materie herhalten. Dazu benötigt man genaue Daten zur Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Sterne, die noch gesammelt werden müssen. Trotzdem handle es sich schon jetzt um eine bedeutende Entdeckung, heißt es aus dem Team.

Dunkle Materie ist eine bislang nicht experimentell beobachtete Form von Materie, die gemessene Bewegungen von Galaxien und Galaxienhaufen erklären soll. In der Wissenschaft geht man davon aus, dass es im Kosmos deutlich mehr Dunkle Materie als Standardmaterie gibt. Noch mehr entfällt demnach auf die nicht weniger rätselhafte Dunkle Energie. Auch wenn beide bislang weder im All noch im Labor beobachtet wurden, gelten die Theorien als akzeptiert, weil sie viele grundlegende Fragen beantworten. Trotzdem werden immer wieder auch alternative Erklärungsversuche vorgebracht und es gibt auch astronomische Beobachtungen, die nicht zur Dunklen Materie passen wollen. Ganz anders der Fund von UMa3/U1, der jetzt in The Astropysical Journal vorgestellt wird.

(mho)