Reporter ohne Grenzen erhärten Vorwürfe gegen Yahoo

Der Menschenrechtsorganisation liegt nach eigenen Angaben eine Kopie des Urteils gegen den Dissidenten Li Zhi vor. Daraus gehe hervor, dass Yahoo bei den Ermittlungen geholfen habe.

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Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen hat nach eigenen Angaben Einblick in das Urteil gegen den chinesischen Cyberdissidenten Li Zhi bekommen. Daraus gehe demnach hervor, dass die in Hongkong ansässige Yahoo-Tochter und der chinesische Provider Sina maßgeblich bei Ermittlungen gegen Li geholfen haben. Derartige Vorwürfe hatten die Menschrechtler bereits vor drei Wochen geäußert. Nun wollen sie diese mit Beweisen erhärten.

Der seinerzeit 32-jährige Finanzbeamte Li Zhi war im Dezember 2003 in Dazhou in der Provinz Sichuan vor Gericht gestellt worden, weil er über das Internet seine politische Meinung verbreitet und Kontakt zum Vorsitzenden der in der Volksrepublik verbotenen China Democracy Party, Xie Wanjun, aufgenommen haben soll. Er wurde zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Yahoo und Sina hätten laut Kopie des Urteils (PDF-Datei) bestätigt, dass der Beschuldigte bei ihnen jeweils ein E-Mail-Account eingerichtet habe. Allerdings sei dem Urteil nicht zu entnehmen, ob die beiden Unternehmen dem Gericht Inhalte des E-Mail-Verkehrs preisgegeben haben. Auf Basis der von Yahoo und Sina übergebenen IP-Adressen sei es lokalen Telekommunikationsunternehmen möglich gewesen, Li Zhis Adresse und Telefonnummer ausfindig zu machen.

Das Urteil zeige auf, dass bei Ermittlungen gegen politische Dissidenten Unternehmen aus allen Internet-Bereichen hinzugezogen werden, schreibt Reporter ohne Grenzen. Die Beteiligung von US-Firmen an der Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei nicht zu akzeptieren. Yahoo solle sein Portalangebot und seine E-Mail-Server aus dem Land entfernen. Die Menschenrechtler hatten bei früherer Gelegenheit darauf hingewiesen, Yahoo Holdings habe ihren Sitz in Hongkong und müsse sich nicht der chinesischen Polizei fügen, da die Sonderverwaltungsregion eine von der Volksrepublik China unabhängige Gerichtsbarkeit habe. Die Beteiligung am lokalen Partner Alibaba entbinde Yahoo nicht von seiner ethischen Verantwortung. (anw)