Außerirdisches Leben: Grundlegende chemische Reaktionen leichter als gedacht

Auf der Erde sind Kohlenstoffreaktionen eine Grundlage für das Leben. Es sind aber viel mehr Alternativen vorstellbar, als gedacht, zeigt eine Forschungsgruppe.

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Zeichnung von Planeten mit chemischen Formeln

(Bild: Betül Kaçar)

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Eine für die Entstehung von Leben auf der Erde grundlegende Form chemischer Reaktionen ist offenbar gar nicht so selten wie angenommen und funktioniert mit viel mehr Elementen als gedacht. Das hat eine Forschungsgruppe aus den USA ermittelt und legt damit nahe, dass außerirdisches Leben auf viel mehr Elementen basieren kann, als angenommen.

In der jetzt vorgestellten Arbeit geht es um die sogenannte Autokatalyse, so werden chemische Reaktionen bezeichnet, die sich unter den richtigen Bedingungen immer wieder wiederholen – eine fundamentale Grundlage für Leben. Bei der Auswertung von Forschungsliteratur hat die Gruppe um Zhen Peng von der Universität Wisconsin-Madison insgesamt 270 solcher chemischen Rezepte gefunden.

Wie die ebenfalls an der Studie beteiligte Bakteriologin Betül Kaçar erklärt, handelt es sich bei der Entstehung von Leben um einen Prozess, bei dem aus Nichts etwas entsteht – die "Abiogenese". Das könne aber nicht nur einmal geschehen, sondern müsse sich wiederholen. Es gehe dabei um Chemie und sich selbst reproduzierende Reaktionen. Fokussiert hat sich das Team auf eine bestimmte Untergruppe autokatalytischer Reaktionen, bei denen die Ausgangsmaterialien für die nächste Wiederholung mehrfach vorliegen. Wie bei Kaninchen könnte dabei aus einer kleinen Ausgangspopulation eine rasch wachsende Zahl von Kopien entstehen. Unter den richtigen Elementen sind solche Reaktionen unter Beteiligung eines Großteils der Elemente aus dem Periodensystem möglich.

Viele der ermittelten Rezepte kommen komplett ohne die sogenannten organischen Materialien aus, die an der Biochemie beteiligt sind. Gleichzeitig seien sogar Elemente wie Quecksilber, Thorium und das extrem reaktionsträge Edelgas Xenon unter den richtigen Bedingungen dazu in der Lage. Insgesamt weise das darauf hin, dass Autokatalyse viel einfacher erfolgt, als angenommen, meint Kaçar gegenüber Space.com. Kombiniere man verschiedene dieser Rezepte, könnte man damit unter Umständen sogar sich selbst reproduzierende Reaktionen anstoßen, die zu einer großen Vielfalt an Molekülen führen.

Das "Rezeptbuch" sollte jetzt überprüft werden, wünscht sich die Gruppe. Vorstellbar sei, dass damit völlig neue Beispiele für eine komplexe Chemie entdeckt werden. Die könnte dort Anwendung finden, wo es für die uns bekannte kohlenstoffbasierte oder eine hypothetische siliciumbasierte Chemie zu heißt oder zu kalt ist, meint Studienleiter Peng. Noch sei aber unklar, wie realistisch die aufgeführten Zyklen tatsächlich sind und es gebe keine Garantie, dass sie alle im Labor oder gar auf einem astronomischen Objekt funktionieren würden. Die Arbeit ist im Journal of the American Chemical Society erschienen, unterstützt wurde sie unter anderem von der NASA.

(mho)