Richter bremsen erneut Rasterfahndung in Hessen

Das Verwaltungsgericht Gießen hat die Übermittlung der Daten eines marokkanischen Studenten durch die Universität Gießen an das hessische Landeskriminalamt für unrechtmäßig erklärt und gestoppt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 675 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Das Verwaltungsgericht Gießen hat am Freitag die Übermittlung der Daten eines marokkanischen Studenten durch die Universität Gießen an das hessische Landeskriminalamt (LKA) für unrechtmäßig erklärt und gestoppt. Trotz Bedenken hatten hessische Universitäten Ende September 2002 Daten über ihre Studierenden für die Rasterfahndung nach terroristischen Schläfern an das LKA weitergegeben.

Das LKA hatte im Rahmen der Rasterfahndung die hessischen Hochschulen, die Meldebehörden sowie das Luftfahrtbundesamt aufgefordert, Daten muslimischer Studenten aus 28 Ländern herauszugeben, die zwischen 1996 und 2002 für einen technischen oder naturwissenschaftlichen Studiengang eingeschrieben waren. Angefordert wurden Name, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Anschrift.

Hessen will damit die bundesweit bereits abgeschlossene Rasterfahndung nachholen. Das Frankfurter Oberlandesgericht hatte sie untersagt, weil sie nicht mit dem geltenden Landespolizeigesetz vereinbar war. Daraufhin änderte die CDU/FDP-Koalition im Landtag das Gesetz, das am 12. September in Kraft trat. Die zuvor erforderliche richterliche Anordnung wurde dabei gestrichen. Der hessische Datenschutzbeauftragte Friedrich von Zezschwitz hatte erhebliche Bedenken gegen die Aktion geäußert, die Innenminister Volker Bouffier (CDU) jedoch für unbegründet erklärte. Die Rasterfahndung sei notwendig, um mögliche terroristische Taten im Vorfeld zu verhindern.

Das Gießener Verwaltungsgericht urteilte nun, dass die Universität die Rechtmäßigkeit des Amtshilfeersuchens hätte prüfen müssen. Das Ersuchen sei "rechtswidrig, weil es zu unbestimmt" sei. Der Kreis der betroffenen Studenten sei nicht "ausreichend klar definiert". Die Formulierung "Fächer technisch/naturwissenschaftlicher Aurichtung" entspreche nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots. Außerdem sei das Übermittlungsbegehren bei bereits exmatrikulierten Studenten unzulässig, da die Daten dieser Studenten bereits gelöscht werden mussten. Schließlich fehle die gesetzliche Grundlage für die Weiterleitung der Daten an das Bundeskriminalamt. Das "Rastern" sei nur durch die Hessischen Polizeibehörden selbst zulässig.

AStA-Sprecher Christian Höflinger zeigte sich zufrieden: "Das Urteil bestätigt unsere Einschätzung bezüglich der Rechtswidrigkeit der Rasterfahndung." Auch Tjark Sauer vom studentischen Dachverband FZS begrüßte das Urteil des VG Gießen. "Die Entscheidung in Hessen dürfte auch für andere Bundesländer von Relevanz sein, da das VG Gießen explizit die Datensammlung durch das Bundeskriminalamt für rechtswidrig hält." (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)