Rundfunk-Länderchef besteht auf offenem Zugang zum Kabel

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck will Liberty verpflichten, Set-Top-Boxen fürs Kabel-TV mit dem Standard MHP auszurüsten.

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Im seit Monaten tobenden Streit zwischen den neuen Kabelbossen und den Regulierern will der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, hart bleiben. Auf einer Veranstaltung der Kabelfirma Tele Columbus am Donnerstagabend in Berlin machte der SPD-Politiker unmissverständlich klar, dass er einen freien Zugang für alle Anbieter für unerlässlich hält und dabei auf den offenen Decoder-Standard MHP (Multimedia-Home-Plattform) setzt. Diese Technik werde er "rundfunkrechtlich durchdrücken", sagte Beck, falls eine andere Lösung nicht gefunden werde.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident stellt sich damit frontal gegen den US-Konzern Liberty Media, der sich jüngst gegen MHP ausgesprochen und damit sowohl die Landesmedienanstalten als auch die Konkurrenz im Zukunftsmarkt digitales Fernsehen brüskiert hatte. Die hatten sich nach harten und jahrelangen Verhandlungen erst im September darauf geeinigt, den offenen Standard einzusetzen. Nachdem dies endlich gelungen sei, so Beck, dürfe man MHP "jetzt nicht einfach wieder über Bord werfen."

Die Chefin von Liberty International, Miranda Curtis, hatte als Grund für den "Verzicht" auf den Branchenstandard vor allem Mehrkosten pro Box in Höhe von 60 bis 80 Euro vorgegeben. Der Kabelgigant will die von ihm erreichten zehn Millionen Haushalte mit kostenlosen Decodern an die neue, interaktive TV-Welt heranführen, was ihn zu knappen Kalkulationen zwingt. Doch die medien- und industriepolitischen Interessen "sind nicht deckungsgleich mit den Business-Plänen der Betriebe", stellte Beck klar. Von MHP würden sowohl technische wie auch marktrechtliche "Impulse" für die gesamte Branche ausgehen, sodass die Entwicklung nicht behindert werden dürfte.

Erklärtes Ziel der Länder sei es, so der Ministerpräsident, die Versorgung der Bürger mit "möglichst vielfältigen Informationen" zu sichern. Was Liberty, die auch eigene Programminhalte in Deutschland vermarkten will, mit der Zugangskontrolle plane, rüttele da "an unserem Demokratieverständnis". Er sei zwar kein "Regulierungsfetischist", werde es aber trotzdem nicht zulassen, dass eine Firma den deutschen TV-Markt "auf diese Weise dominieren" wolle.

Konkret will Beck bei seinen Länderkollegen Ergänzungen zum Rundfunkstaatsvertrag durchsetzen, die die in Paragraph 53 angelegten Wettbewerbsklauseln konkretisieren. Demnach sollen die Kabelnetzbesitzer verpflichtet werden, 50 Prozent des Angebots von Sendern zu übernehmen, die nicht ihrer Firmengruppe angehören. Außerdem will Beck im "Must-Carry"-Bereich festschreiben lassen, dass die neuen Kabelherren das bestehende Programm in vollem Umfang transportieren müssen. "Dazu gehören auch regionale Angebote wie die Offenen Kanäle, die unter reinen Marktbedingungen keine Chance haben", betonte der Chef der Länder-Rundfunkkommission. Zu verhindern sei auch, dass Kultursender wie Arte in bestimmten Kostenpaketen mit Schmuddel-Angeboten positioniert werden.

Im Bereich der Kabelnetztechnik dringt Beck auf einen schnellen Ausbau der Infrastrukturen, damit Deutschland im internationalen Vergleich wieder aufhole. Die neuen Besitzer forderte er auf, ihre Leitungen flächendeckend "auf 862 Megahertz aufzubohren". Das sei die Voraussetzung dafür, auch Internet und Telefonie übers Kabel anzubieten.

Dass der Deal mit Liberty, der vom Kartellamt noch abgesegnet werden muss, aufgrund der Vorgaben platzt, hofft Beck nicht. Der US-Investor hat sich im Kaufvertrag mit dem Alteigentümer, der Deutschen Telekom, zahlreiche Rücktrittsrechte eingeräumt, um im Falle zu starker Regulierungsansprüche aussteigen zu können. In dem Pokerspiel ums TV-Kabel wird nach Ansicht des Ministerpräsidenten aber keiner "die Karten wegwerfen, wenn die andere Seite grimmig guckt." Entsprechende Forderungen von politischer Seite hätte Liberty von Beginn an in ihre Kalkulation einbeziehen müssen. Es gehe bei der elementaren Zugangsfrage nicht um einen deutschen Sonderweg, da sich auch die EU-Kommission klar für MHP ausgesprochen habe. (Stefan Krempl) / (anw)