Russische Millionenstrafe für Booking.com wegen hartnäckiger Bestpreisklauseln

15 Millionen Euro Strafe soll Booking.com in Russland zahlen. Die Behörde sieht wettbewerbsfeindliche Klauseln, die die Firma trotz Verbots beibehält.

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Holzgebäude mit Aufschrift "KENO CITY HOTEL"

Das Symbolbild zeigt das Keno City Hotel in Keno City, Yukon, Kanada. Das fast 100 Jahre alte Gebäude ist im Dezember 2020 abgebrannt.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Update
Lesezeit: 4 Min.

Booking.com muss wegen Missbrauchs seiner Marktmacht in Russland umgerechnet 15 Millionen Euro Strafe zahlen. Das hat die russische Wettbewerbsbehörde FAS am Donnerstag mitgeteilt. Grund ist, dass das Online-Reisebüro Beherbergungsbetriebe dazu zwingt, alle Zimmer auch über booking.com anzubieten, und das zum günstigsten Preis. Die Vertragsklauseln untersagen es den Hotelbetreibern, auf eigenen Webseiten oder bei anderen Buchungsvermittlern niedrigere Preise zu verlangen.

Weil das niederländische Unternehmen Booking.com in Russland besondere Marktmacht erlangt hat und die Beherbergungsbetriebe auf die Buchungsvermittlungen angewiesen sind, verstoßen diese Bestpreisklauseln gegen russisches Wettbewerbsrecht. Sie schränken nämlich den Wettbewerb zwischen Buchungskanälen ein. Anlass für das Verfahren war eine Beschwerde des russischen Verbands kleiner und mittlerer Unternehmen, OPORA Russia.

Die FAS hat die Strafe hoch angesetzt. Die Behörde hat Booking.com bereits im September und erneut im Dezember letzten Jahres angeordnet, sowohl "weite" als auch "enge" Bestpreisklauseln abzuschaffen. Laut FAS hat das Unternehmen diesen Anordnungen aber nicht Folge geleistet. Opora-Vizepräsident Aleksej Koževnikov ruft Booking.com nun dazu auf, die Bestpreisklauseln abzuschaffen und keine anderen Regeln einzuführen, die den Wettbewerb beschränken könnten. "Russische Hotels haben immer noch hohe Kosten zu tragen", sagte Koževnikov am Donnerstag.

Seit Jahren gehen Wettbewerbsbehörden in zahlreichen Ländern gegen die Bestpreisklauseln Booking.coms und anderer Online-Reisebüros vor. Bereits 2015 hat das deutsche Kartellamt Booking.com untersagt, sich von den Partnerhotels den jeweils günstigsten Hotelpreis, die höchstmögliche Zimmerverfügbarkeit und die günstigsten Buchungs- und Stornokonditionen garantieren zu lassen.

Daraufhin schwenkte Booking.com von den "weiten" auf "enge" Bestpreisklauseln um. Diese erlauben günstigere Preise auf anderen Buchungsplattformen sowie bei Offline-Buchungen, etwa über Telefon oder bei Buchung vor Ort. Auf eigenen Webseiten durften Hotels aber keine günstigeren Preise aufrufen, wenn sie auf booking.com gelistet sein wollten.

Im Mai hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden, dass auch diese "engen" Bestpreisklauseln wettbewerbswidrig sind. Sie beeinträchtigen ebenfalls den Wettbewerb (BGH Kartellsenat, 18. Mai 2021, Az. KVR 54/20). Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Düsseldorf, hatte die "engen" Klauseln noch für zulässig erachtet.

Gegenüber der EU-Kommission hat sich Booking.com Ende 2019 verpflichtet, eine Reihe irreführender Praktiken abzustellen. Das Unternehmen muss in der EU

  • gegenüber Verbrauchern klarstellen, dass sich Aussagen wie "Nur noch ein Zimmer verfügbar!" nur auf das Angebot auf der Booking.com-Plattform beziehen;
  • Angebote nicht als befristet präsentieren, wenn derselbe Preis im Anschluss weiterhin verfügbar sein wird;
  • klarstellen, wie Rankings zustande kommen und ob Zahlungen des Beherbergungsunternehmens an Booking.com seine Position in der Ergebnisliste beeinflusst haben;
  • eindeutig sichtbar machen, wenn ein Preisvergleich auf unterschiedlichen Ausgangsbedingungen beruht (z. B. unterschiedliche Aufenthaltsdaten), und den entsprechenden Vergleich nicht als Rabatt darstellen;
  • sicherstellen, dass Preisvergleiche, die als Preisnachlässe dargestellt werden, echte Einsparungen darstellen‚ z. B. durch Angabe von Einzelheiten über den Standardpreis, der als Referenzwert herangezogen wird;
  • den Gesamtpreis klar und deutlich anzeigen, den die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen müssen (einschließlich aller unvermeidbaren Gebühren, Abgaben und Steuern, die sich im Voraus bestimmen lassen);
  • ausgebuchte Unterkünfte an einer den Suchkriterien entsprechenden Stelle der Ergebnisliste angeben;
  • unmissverständlich angeben, ob eine Unterkunft von einem privaten Anbieter oder einem Unternehmen angeboten wird.

[Update 28. 8. 2021, 03:49 Uhr]:

In einer Stellungnahme gegenüber heise online zeigt sich Booking.com "von der Entscheidung enttäuscht." Das Unternehmen hält seine Praktiken für "immer fair" und für einen positiven Beitrag zur Reisebranche. Entsprechend wird Booking.com gegen die Entscheidung der FAS berufen und seine Klauseln derzeit nicht ändern.

Außerdem sagt das Unternehmen, dass die meisten europäischen Hotels unabhängig sind und im Durchschnitt sechs bis sieben Vertriebskanäle nutzen. Booking.com habe "nur 13 Prozent Marktanteil in ganz Europa."

[/Update]

(ds)