SAP: Jobmaschine (noch) ohne Betriebsrat

Dass die Mitarbeiter mit den vorhandenen Mitsprachemöglichkeiten im Walldorfer Softwarekonzern zufrieden sind, ist aus Gewerkschaftssicht Folge seiner positiven Lage. Doch spätestens in schlechten Zeiten sei ein Betriebsrat unverzichtbar.

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Von
  • Bernd Glebe
  • dpa

Das Softwarehaus SAP ist in Deutschland eine Jobmaschine. Pro Jahr werden hunderte neuer Arbeitsplätze geschaffen. Die Mitarbeiter kürten den Weltmarktführer für Unternehmenssoftware jüngst zum Arbeitgeber des Jahres. Dass für die SAP-Beschäftigten dennoch nicht alles in Butter ist, befürchten die Gewerkschaften ver.di und die IG Metall. Grund ist: Das Walldorfer DAX-Unternehmen mit weltweit fast 35.900 und in Deutschland rund 14.000 Mitarbeitern hat keinen Betriebsrat. Das soll sich nun ändern. An diesem Donnerstag (2. März) sollen die Weichen für eine offizielle Arbeitnehmervertretung in dem Softwarehaus gestellt werden. Die IG Metall hatte im Vorfeld bereits eine spezielle Website für SAP-Mitarbeiter eingerichet.

"Wenn die Leute bei SAP zufrieden sind, ist das Modell des Unternehmens eigentlich kein Problem für die Gewerkschaft", betonte der IT-Spezialist der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Peter Schrader. "Das Prinzip funktioniert aber nur so lange, wie es bei dem Unternehmen gut läuft." Die Zahl der ver.di-Mitglieder bei Europas führendem Softwarehaus liege zwar bei weniger als fünf Prozent der in Deutschland beschäftigten SAPler. Anfragen gerade beim Thema Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland dringen aber nach Angaben von Schrader immer wieder zu den Gewerkschaftern durch.

Laut Betriebsverfassungsgesetz wäre SAP verpflichtet, eine Arbeitnehmervertretung einzusetzen. Ab fünf ständig Beschäftigten ist ein Betriebsrat vorgesehen. Mit Sanktionen muss das Unternehmen nach Angaben des ver.di-IT-Spezialisten aber dennoch nicht rechnen, wenn dieser nicht installiert wird.

Bei SAP übernehmen die Arbeitnehmervertreter des 16-köpfigen Aufsichtsrates die Aufgaben des Betriebsrates. Nach dem Willen des Unternehmensmitgründers Dietmar Hopp soll das auch noch lange so bleiben. Grundsätzlich habe er nichts gegen einen Betriebsrat bei dem Softwarehaus, versicherte Hopp. Durch den Einfluss der Gewerkschaften befürchtet der langjährige Vorstandsvorsitzende jedoch eine lähmende Bürokratie und unnötige Fesseln im internationalen Wettbewerb.

Nach Einschätzung des Heidelberger Arbeitsrechtsexperten Gerrick von Hoyningen-Huene steht das SAP-Modell auf rechtlich wackeligen Füßen. Eine zwischen der Unternehmensführung und dem Betriebsrat ausgehandelte Betriebsvereinbarung habe automatisch bindende Wirkung für die Beschäftigten. Dieser Automatismus greife bei der Lex SAP jedoch nicht. Als bedenklich ordnete der Professor am Lehrstuhl für Arbeitsrecht an der Universität Heidelberg die Regelung dennoch nicht ein. "SAP ist mit dem Prinzip eine Besonderheit und bestimmt einzigartig in Deutschland", betonte von Hoyningen-Huene. "Das Modell scheint aber praktikabel zu sein – weil man nichts davon hört." (Bernd Glebe, dpa) / (ssu)