SAP: Zwei Milliarden Euro für souveräne Clouds – mit und ohne Microsoft​

Zwei Milliarden Euro steckt SAP in Infrastruktur für souveräne Clouds, die sich an die Verwaltung richten, darunter auch die Delos-Cloud mit Microsoft.

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Wolken mit SAP-Logo, davor ein Computer mit Nutzer

(Bild: iX)

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Der Softwarekonzern SAP will in den kommenden zehn Jahren zwei Milliarden Euro in als souverän bezeichnete Cloud-Infrastruktur investieren. Das Geld soll in sichere, lokale und regulatorisch konforme Cloud-Angebote gesteckt werden, die auf die Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung und besonders regulierter Industrien zugeschnitten seien, wie SAP erklärte.

Konkret fließe das Geld zum einen in den Ausbau von Delos, ein SAP-Tochterunternehmen, bei dem Cloud-Software von Microsoft zum Einsatz kommt. Und zum anderen solle es noch einen weiteren Dienst geben, bei dem es sich um ein "vollständig SAP-basiertes Angebot mit souveränen Eigenschaften ohne die Beteiligung von Hyperscalern" handele – also ohne US-Cloud-Riesen an Bord. Wie sich die Investitionen zwischen Delos und dem neuen, SAP-eigenen Angebot aufteilen, ließ die Pressemitteilung offen. Antwort auf eine entsprechende Anfrage der iX-Redaktion steht noch aus.

Das SAP-eigene Cloud-Angebot werde in deutschen Rechenzentren bereitgestellt und lokal durch SAP betrieben, sodass alle Daten hierzulande verblieben. Voraussichtlich zum Jahresende solle die Infrastruktur bereitstehen, die dann bis Ende 2025 schrittweise ergänzt werde. Das Angebot erfülle die Anforderungen für Informationen des Geheimhaltungsgrads VS-NfD (Verschluss-Sache – nur für den Dienstgebrauch).

Die Delos-Cloud hingegen kommt nicht allein mit heimischer Software aus. Sie soll das Dilemma deutscher Behörden lösen, Cloud-Dienste von Microsoft gern nutzen zu wollen, aber das wegen Datenschutzregeln oft nicht zu können: Die SAP-Tochter baut auf Basis von Microsoft Azure und Microsoft 365 eine Cloudplattform für die Verwaltung auf. Durch dieses Modell sollen die Daten juristisch vor dem Zugriff durch US-Behörden sicher sein.

Microsoft werde lediglich die Software zuliefern, die SAP-Tochter Delos hingegen soll die Cloud als Eigentümer verantworten und vermarkten, Arvato Systems will die Rechenzentren betreiben. Laut Angaben von Delos werde Microsoft den Behörden auch den Quellcode aller Updates bereitstellen. Auch hier sollen die Anforderungen an VS-NfD erfüllt werden.

Ab 2025 soll es bei Delos losgehen. Im ersten Halbjahr 2025 sollen die Microsoft Foundational Services und in der zweiten Jahreshälfte dann Microsoft Mainstream Services und Microsoft Office 365 zur Verfügung stehen. SAP-Dienste sollen schrittweise bis 2026 auf der Cloud-Plattform verfügbar sein. Dabei solle Delos aber auch technologie- und anbieterneutral sein – Open-Source-Software und Eigenentwicklungen der Kunden würde man auch unterstützen.

Für SAP ist Delos ein heikles Geschäft: Der Konzern muss in Vorleistung gehen, hat aber noch keine Verträge mit Bund und Ländern für diese Verwaltungscloud. Der Bund prüft laut seinen Plänen noch bis Ende 2026, ob die Cloud die staatlichen Anforderungen zum Beispiel in Sachen Informationssicherheit und Geheimschutz einhält. In die Prüfungen ist auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingebunden. Nur wenn das Ergebnis positiv ausfällt, können Behörden die Cloud-Dienste buchen.

Hinzu kommt: Die IT-Strategien der Bundesländer und Kommunen unterscheiden sich stark. Schleswig-Holstein und Thüringen setzen vergleichsweise stark auf Open Source. Andere Bundesländer wollen hingegen zumindest vorerst und in bestimmten, weniger sensiblen Bereichen Microsoft-Dienste aus der Public Cloud beziehen – also direkt von Microsoft statt von Delos und damit voraussichtlich günstiger.

SAP gelang es aber offenbar, Kontakte in höchsten Kreisen zu aktivieren, um die Delos-Cloud voranzubringen. So soll sich Berichten zufolge Bundeskanzler Scholz nach einem Termin mit SAP persönlich bei den Bundesländern für den Dienst eingesetzt haben. Bei einer Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer habe Scholz an die Länderchefs appelliert, eine Zusage für die Nutzung der Cloud abzugeben. Scholz habe gesagt, es sei ein "ganz entscheidender Moment für Deutschland" und er würde "einen Vertrag sofort unterschreiben". Der Versuch, im Anschluss daran im IT-Planungsrat einen Beschluss zu verabschieden, der positive Aspekte der SAP-Microsoft-Cloud hervorheben sollte, blitzte aber bei den Ländern ab.

Aber auch, wenn es mit Delos nichts wird, hat SAP einen ziemlich großen Fuß in der Tür der deutschen Verwaltung. Wie das Handelsblatt berichtete, hat das Innenministerium im Juni eine neue Rahmenvereinbarung mit SAP abgeschlossen. Sie erlaube es den Organen der Bundesverwaltung, das Portfolio des Softwareherstellers zu nutzen. Der Höchstwert beträgt dem Bericht nach 700 Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer, die Laufzeit zwei Jahre mit Option auf bis zu vier Jahre. Bei einer früheren Vereinbarung von 2018 bis 2023 habe die Bundesverwaltung bei SAP lediglich für rund 150 Millionen Euro eingekauft.

Um die Delos-Cloud gehe es bei der Vereinbarung aber nicht, erklärte das Innenministerium dem Handelsblatt. Der Abruf von Delos-Leistungen sei über den bestehenden Rahmenvertrag "nicht geplant".

(axk)