SAP stellt Topmanagement weiter um, Mitarbeitervertrauen in Vorstand sinkt

SAPs Marketingchefin Julia White und Vertriebschef Scott Russell müssen gehen. Derweil sickert durch, dass immer weniger Mitarbeiter dem Vorstand vertrauen.

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SAP-Logo an einem Gebäude

(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Der Softwarehersteller SAP stellt seine oberste Führungsriege um. Marketingchefin Julia White (50) und Vertriebschef Scott Russell (51) werden nach einer Einigung mit dem Aufsichtsrat das Unternehmen zum 31. August verlassen, wie der Konzern mitteilte.

Zuletzt lief der von Vorstandschef Christian Klein besonders gepushte Verkauf von Cloud-Abos zur Nutzung der SAP-Programme über das Netz zwar rund. Kunden zögern aber nach wie vor, die von SAP favorisierten und für den Konzern profitabelsten technischen Bereitstellungswege zu nutzen.

Für Russell laufe bereits die Nachfolgesuche, hieß es. Vorstandschef Klein übernimmt Russells Aufgaben nun übergangsweise selbst. Der Vorstandsbereich von White, Marketing & Solutions, soll zum 1. September aufgelöst werden – die Aufgaben wandern vorwiegend in die bereits bestehenden Produkt- und Kommunikationsbereiche. Vorstandschef Klein und das Kontrollgremium stricken schon seit Längerem an der passenden Aufstellung im Topmanagement. Zum April schuf der Konzern ein neues Vorstandsressort für die Einführung von Cloudsoftware bei den Kunden, das sich auch um eine bessere Kundenzufriedenheit kümmern soll.

Zudem gab es einen Wechsel auf dem Posten für Personal. Auch Finanzchef Dominik Asam ist erst seit März 2023 an Bord. Unterhalb des Vorstands holte SAP im vergangenen Jahr den ehemaligen Microsoft-Manager Walter Sun als Chef für den Bereich Künstliche Intelligenz (KI).

Umgebaut wird bei SAP nicht nur in den oberen Etagen: Klein will das Unternehmen auch ausdünnen und stärker auf KI-Kurs trimmen. Ursprünglich sollten 8000 Stellen wegfallen. Das soll nun auf 9000 bis 10.000 Stellen ausgeweitet werden, wie vergangene Woche anlässlich der Zahlen zum zweiten Quartal bekannt wurde. Ein dafür von SAP aufgelegtes Abfindungs- und Vorruhestandsprogramm fand offenbar große Nachfrage, bis Ende Juni sollen sich mit 5300 mehr als doppelt so viele SAP-Angestellte wie geplant dafür beworben haben. Entsprechend wurde der Stellenabbau noch einmal erhöht.

Die hohe Nachfrage nach dem Ausstiegsprogramm sehen nicht wenige Beobachter auch als Indikator für die schlechte Stimmung in der Belegschaft. Die zeigt sich auch in den Ergebnissen einer internen SAP-Mitarbeiterbefragung, die offenbar der Wirtschaftswoche zugespielt wurde. Dem Bericht nach habe nur noch etwas mehr als jeder zweite Beschäftigte (56 Prozent) angegeben, dem Vorstand des Softwarekonzerns zu vertrauen. Das sei ein Minus um zwölf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Um zehn Prozentpunkte auf 79 Prozent sei auch die Zahl derer gesunken, die SAP als "großartigen Arbeitgeber" empfehlen würde. 69 Prozent vertrauten noch der Umsetzung der SAP-Strategie, drei Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

"Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Daher analysieren wir derzeit die Ergebnisse im Detail und entwickeln darauf aufbauend Maßnahmen, die diese Punkte gezielt adressieren", kommentierte SAP das Ergebnis.

Als Gründe für die schlechte Stimmung bei den Angestellten des Walldorfer Konzerns sind unter anderem Umstrukturierungen und Gehaltsrunden, die nicht einmal einen Inflationsausgleich bedeuten würden, zu vernehmen. Auch mit der Abschaffung der Wahlfreiheit beim Arbeitsort und der Einführung einer Präsenzpflicht im Büro, die an mindestens drei Tagen in der Woche gelten soll, sorgte Chef Christian Klein für Unmut in der Belegschaft. Der Betriebsrat hatte heftig gegen die Einführung der Büropflicht protestiert. "SAP, wie wir es kannten, ist vorbei", hieß es in einem Schreiben der Arbeitnehmervertreter.

(axk)