SCO v. IBM: Unendlicher Rechtsstreit zieht nach New York​

Seite 2: Gericht in New York City ist weniger strapaziös

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IBM und Red Hat wollten lieber dort verhandeln, zumal IBM seinen Sitz in dem US-Staat hat. Xinuos bevorzugte ein Heimspiel auf den Jungferninseln. Das dortige Gericht erkannte zwar seine eigene Zuständigkeit an, doch sei auch der Bundesgerichtsbezirk des südlichen New York ein passendes Forum. US-Bundesrecht sieht vor, dass Zivilverfahren an andere, passende Bundesgerichte übertragen werden können, wenn es das für Parteien und Zeugen bequemer macht und im Interesse der Justiz ist.

Vor so einer Übertragung muss das angerufene Gericht laut Rechtsprechung nicht weniger als zwölf Faktoren bewerten und gegen einander abwiegen. Die Argumente sind in der Entscheidung vom 14. November auf über 20 Seiten nachzulesen. Sogar die Frequenz, Dauer und Kosten von Flugverbindungen aus jenen Städten außerhalb New York Citys, in denen die meisten vorgesehenen Zeugen leben, hält das Gericht fest.

Das Ergebnis: Nur einer der zwölf Faktoren spricht für einen Prozess auf den Jungferninseln – nämlich der, dass sich Xinuos dieses Gericht ausgesucht hat. Also genehmigt der Richter IBMs Antrag, das Verfahren an das US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York zu übertragen. Dort erhält das Verfahren Xinuos v. International Business Machines & Red Hat ein neues Aktenzeichen: 22-cv-09777.

Selbstredend könnte Xinuos gegen die Entscheidung Rechtsmittel ergreifen. Selbst wenn nicht, wird das wiederauferstandene SCO-Verfahren noch geraume Zeit weiterlaufen. Höchstwahrscheinlich in New York.

Vor gut einem Jahr hat sich der SCO-Masseverwalter mit IBM gerichtlich verglichen. Nicht die 2003 von SCO geforderte Milliarde US-Dollar, aber immerhin 14,25 Millionen Dollar bot IBM. Im Gegenzug lässt der Konkursverwalter alle Ansprüche gegen IBM fallen. Die Zahlung deckt große Teile der Kosten des Konkursverfahrens. Die SCO-Gläubiger, denen theoretisch über 100 Millionen Dollar zustehen, haben davon nichts mehr.

In letzter Sekunde zögerten zwei Altbekannte den Vergleich noch ein bisschen hinaus: Xinuos und ein gewisser Darl McBride. Xinuos beeinspruchte den gerichtlichen Vergleich mit dem Argument, dass die SCO-Masse darin Ansprüche fallen lasse, die eigentlich Xinuos zustünden und im eigenen Prozess gegen IBM relevant seien. Darüber zu entscheiden, ist aber nicht Aufgabe des Konkursgerichts.

Darl McBride war jener CEO der SCO Group, der das unendliche Verfahren begonnen und die Firma in Konkurs geführt hat. Der Mann ist heute selbst bankrott, sein 2020 eingeleiteter Privatkonkurs ist in Nevada anhängig. Er ist aber auch einer der SCO-Gläubiger. McBride gab gegenüber dem Gericht in Delaware an, einen Prozessfinanzierer gefunden zu haben, der 14,5 Millionen Dollar für die behaupteten Ansprüche SCOs gegen IBM zahlen würde - eine Viertelmillion mehr als IBM.

Anschließend würde der Prozessfinanzierer gemeinsam mit McBride das Verfahren SCO v. IBM auf eigene Rechnung weiterführen. Ausständig sei allerdings noch eine Due Diligence durch den Prozessfinanzierer. Damit war das Angebot nicht verbindlich und das Gericht nicht überzeugt. Justizia hatte ein Einsehen. Man stelle sich vor, das Ganze ginge dank Prozessfinanzierung von vorne los...

PS: Wer es genau wissen möchte, folge dem Link zur Unendlichen Geschichte SCO v. IBM von der Klage bis zum Konkursantrag bei c't online.

(ds)