SCO vs. Linux: SCO fordert Offenlegung der FSF

Eine Vorladung der SCO Group verlangt Zugriff auf den E-Mail-Verkehr der Free Software Foundation (FSF) ab 1999. SCO will damit beweisen, dass die GNU-Lizenz von Anfang an dazu gedacht war, geistiges Eigentum zu entwerten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 425 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die Free Software Foundation hat die von der SCO Group eingereichte Vorladung anlässlich des Prozesses zwischen SCO und IBM auf ihrer Website veröffentlicht. Bradley Kuhn, der Geschäftsführer des hauptsächlich von Programmierern getragenen Verbandes, begründete diesen Schritt damit, dass Form und Inhalt der Vorladung von SCO ein erster Pieps ("Blip") seien, der eine Vorstellung davon gebe, was die Open-Source-Szene in den nächsten Jahren erwartet. (Blip wird in den USA auch der Piepston genannt, mit dem im Fernsehen und Radio anstössige Worte überlagert werden).

Kuhns Einschätzung beruht darauf, dass die SCO Group praktisch die gesamte Kommunikation der FSF ab dem 1. Januar 1999 einsehen will, einschließlich des (geschützten) Schriftverkehrs mit Anwälten und zusätzlich jede Kommunikation, die von und mit Linus Torvalds, Richard Stallman, Eben Moglen, Alan Cox und Andrew Morton geführt wurde. Sofern sich die 1996 gegründete FSF nicht gegen die sehr umfassende Vorladung wehrt, müsste sie praktisch ihr gesamtes Archiv für die Beweissuche der SCO Group kopieren. Aus diesem Grunde kündigte Bradley Kuhn an, gegen fast alle Punkte Einspruch einzureichen. SCO müsste dann vor Gericht so genannte strafbewehrte Vorladungen einreichen und in jedem einzelnen Punkt auf Herausgabe der Dokumente klagen. Mit demselben Verfahren hatte der dubiose Vermittler Michael Anderer vorerst eine Vorladung durch IBM abgeschmettert.

Auf Seiten der SCO Group hält man das umfassende Auskunftsersuchen für legitim, weil man bei der FSF Beweise dafür suchen wolle, wie die GNU Public License entstanden ist. Hinter dem Vorgehen steht die Theorie, dass die GPL bewusst so abgefasst wurde, dass sie geistiges Eigentum entwertet. Diese Theorie hat der Rechtsberater der FSF, der Jura-Professor Eben Moglen scharf kritisiert. Unter dem Titel "Free Software and the Struggle for Free Thought" will Moglen in wenigen Wochen in Berlin die dritte Wizards of OS eröffnen und dabei ausführlich die Positionen der FSF begründen.

Open-Source-Programmierer interpretieren den Vorstoss von SCO noch anders. Eine derartig breit formulierte Vorladung deute darauf hin, dass andere Gruppen oder Firmen ein Interesse daran haben, die interne Struktur der FSF zu erkunden, so Bradley Kuhn in seiner Stellungnahme. "Die 'Lizenz', mit der Microsoft SCO-'Technologie' einkaufte, war in erster Linie eine Gebühr für die Dienstleistung, die freie Software und, auf der untersten Ebene, Linux als den Kern der freien Software anzugreifen. Nun, wo es also eine 'SCO' für diese Dinge gibt, wird es immer eine 'SCO' geben, die kommt und unsere Bewegung angreift", stellte Kuhn die Zukunft der FSF vor und wirbt damit um Spenden und Beitrittserklärungen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (ghi)