SCO vs. Linux: Ohne Lizenz oder ohne Ahnung?

Gegen die in Las Vegas in der letzten Woche vorgetragenen Argumente des SCO-Chefs Darl McBride haben heute die Open Source Development Labs ein Positionspapier ihres juristischen Beraters veröffentlicht.

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Von
  • Detlef Borchers

Gegen die in Las Vegas in der vergangenen Woche vorgetragenen Argumente des SCO-Chefs Darl McBride haben heute die Open Source Development Labs (OSDL) ein Positionspapier ihres juristischen Beraters Eben Moglen veröffentlicht, das den Titel Without Fear, Without Research trägt. In dieser dritten Stellungnahme der ODSL setzt sich der an der Columbia-Universität lehrende Jura-Professor Moglen mit den Argumenten auseinander, die die SCO Group gegen die GPL (General Public License) aufführt.

Hintergrund des Papiers bildet eine Stellungnahme der SCO Group, die auf der Comdex-Gegenmesse CDXPO verteilt wurde. In Form der bekannten Fragen und Antworten heißt es in dem Papier unter Punkt 5:

"Frage: Hat SCO nicht selbst zugestanden, dass es OK ist, wenn der jetzt strittige Code verteilt wird? Hat SCO nicht selbst den Code unter GPL freigegeben?

Antwort: Während des Zeitraumes, in dem SCO Linux vertrieb, war SCO sich nicht bewusst, dass Verletzungen des Copyrights vorliegen. Das Copyright kann in einem GPL-Produkt niemals durch unbeabsichtigte oder illegale Einschlüsse in einer GPL aufgegeben werden. Der Eigentümer eines Copyrights muss das Copyright in einer schriftlichen Erklärung übertragen, was SCO niemals gemacht hat. [...] SCO hat offensichtlich niemals eine Notiz eingefügt, dass unser Unix-Quellcode unter den Bedingungen einer GPL-Lizenz verteilt werden kann."

Gegen diese Auslegung wendet sich Moglen im Positionspapier mit der Ansicht, dass SCO das Copyright und die GPL durcheinander bringt. Die GPL gestattet es nach Moglen, dass Copyright-geschützte Werke vertrieben werden könnten und setze das Copyright nicht außer Kraft. "Wenn die GPL das meint, was sie sagt, kann SCO IBM nicht die Verletzung von Warengeheimnissen im Prozess vorwerfen und kann Benutzer des Linux-Kernels nicht verklagen. Wenn die GPL aber nicht gültig ist und das Copyright nicht schützt, dann bleibt die Frage, mit welchem Recht SCO weiterhin Linux-Software vertreibt und ob SCO dann nicht selbst die Rechte all der Autoren verletzt, die ihre Copyright-geschützte Software unter GPL gestellt haben", schreibt Moglen unter Anspielung auf die Tatsache, dass die SCO Group etwa mit ihrem OpenServer den Samba-Server vertreibt.

Zum Schutz vor Rechtsverletzungen durch eine falsche GPL vertreibt die SCO Group für Linux-Anwender eine binäre Run-Time-Lizenz, die sie SCO IP Lizenz nennt. Die auf der CDXPO vorgestellte Lizenz kostet 699 US-Dollar für einen Prozessor bis 4999 US-Dollar für 8 Prozessoren. Jeder weitere Prozessor wird mit 749 US-Dollar berechnet. Für Linux-Cluster soll es Site-Lizenzen geben. Diese wird gekauft, aber nicht lokal installiert, sondern muss als Self-Service Licence über eine Website vom Anwender eingerichtet werden. Die Lizenz gilt für alle Linux-Versionen und ist transferierbar, mit der Ausnahme von Systemen, die unter SCO Linux oder Caldera Open Linux laufen. Hier erlischt die Lizenz beim Weiterverkauf von Systemen und der Käufer ist gezwungen, auf den aktuellen OpenServer von SCO umzusteigen. Die SCO IP Lizenz gilt ab dem 31. Oktober 2003 bis zum Ende des Prozesses, den SCO mit IBM führt. Die Verhandlungen in der Hauptsache sind für den August 2005 anberaumt.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Detlef Borchers) / (anw)