SCO vs. Linux: Und ewig grüßt das Murmeltier

In der Auseinandersetzung mit IBM um eine angebliche Verletzung der Rechte an Unix System V und die möglicherweise durch IBM verursachte Übertragung von Unix-Strukturen nach Linux will SCO Teile der IBM-Gegenklage aussetzen.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung mit IBM um eine angebliche Verletzung der Rechte an Unix System V und die möglicherweise durch IBM verursachte Übertragung von Unix-Strukturen nach Linux hat die SCO Group eine Eingabe vor Gericht gemacht. Mit ihr möchte die Firma erreichen, dass bestimmte Aspekte der Gegenklage von IBM bis zum Ausgang des Verfahrens gegen Autozone ausgesetzt werden. Dabei geht es um die Frage, welcher Code möglicherweise in die Linux-Sourcen geflossen ist. Die Rechtsanwälte von SCO argumentieren nun, dass es Code aus der Softwareentwicklung von Autozone ist, der SCO-Rechte verletzt habe und dass der Fall Autozone vor dem von IBM gehört werden müsse, weil IBMs bislang letzte Eingaben in der langwierigen Geschichte später eingereicht worden sein.

Sollte das Gericht dieser Argumentation folgen und den Prozess mit IBM aussetzen, hätte SCO zwei Zeitschleifen -- die Klage von Red Hat ist derzeit ausgesetzt --, die die gesamte Auseinandersetzung um Linux mindestens um anderthalb Jahre hinauszögern können. Dies wäre wie im Sinne des Investors Baystar, der auf ein ertragreiches Geschäft als Begleitung zu den Gerichtsprozessen hofft. Jedoch sind beide Fälle selbst aus der Position von SCO nicht vergleichbar: Bei IBM verortet SCO den rechtsverletzenden Fehler in der Entwicklung von AIX oder Dynix, bei Autozone in der internen Softwareentwicklung, als Autozone nach Linux wechselte. Welcher Fehler überhaupt zur Debatte steht, ist obendrein unklar: Die Beschuldigung vom 1:1 kopierten Code, den angeblich Hunderte von Journalisten und Analysten mit eigenen Augen begutachten konnten, ist ebenso verschwunden, wie der Vorwurf der Copyright-Missachtung oder der Verletzung von Handelsgeheimnissen und Patenten.

In der Gegenklage von IBM, auf die sich die SCO Group jetzt bezieht, ersuchte IBM um eine richterliche Feststellung, dass IBM mit seinen eigenen Linux-Aktivitäten der Verbesserung des Betriebssystems niemals SCOs Copyrights verletzt habe und dass die Copyright-Ansprüche von SCO ungültig oder nicht auf IBM anwendbar sind.

Eine Zeitschleife anderer Art bringen die Anwälte von DaimlerChrysler in ihrem Vortrag gegen die Anschuldigungen von SCO in Stellung. Wie bereits gemeldet, fordert DaimlerChrysler die Einstellung des Verfahrens, da keine Vertragsbeziehungen mit SCO bestünden. In dem nun auf Groklaw verfügbaren Text heißt es schlicht, dass DaimlerChrysler der Rechtsnachfolger der Chrysler Motor Corporation ist, die mit AT&T einen eigenen Vertrag über die Nutzung von Unix abgeschlossen hat. SCO wird in dieser Lesart nicht als Rechtsnachfolger von AT&T anerkannt. Der Prozess mit DaimlerChrysler könnte somit ruhen, bis SCO im Verfahren gegen Novell geklärt hat, ob man tatsächlich alle Rechte an Unix übernommen hatte, was Novell heftig bestreitet.

Nach einem Bericht der amerikanischen Computerworld soll die Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung, die der SCO-Investor Baystar geäußert hatte, auch mit der Tatsache zusammenhängen, dass Firmen wie Autozone und DaimlerChrysler verklagt wurden. Gemäß dem von Baystar favorisierten Geschäftsmodell einer auf Klagen um das geistige Eigentum spezialisierten SCO ist das Vorgehen gegen Linux-Anwender auf Nebenschauplätzen nur Kosten treibend.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)