SCO vs. Linux: Vergesst Hans Bayer!

Hinter dem Disput um den SCO-Vizepräsidenten während des Verfahrens vor dem Konkursgericht steht die Frage, welche Geschäftsbereiche von SCO, die um Unix-Rechte und gegen angeblich kopierten Unix-Code in Linux klagt, einen ökonomischen Wert besitzen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Gerichtsverhandlungen um den Konkurs der SCO Group sind mit einer 12-stündigen Marathonsitzung zu Ende gegangen. Das Urteil des Konkursrichters wird in etwa einer Woche erwartet. In den Verhandlungen selbst überraschte ein Disput über die Rolle des SCO-Vizepräsidenten Hans Bayer, ehemals Geschäftsführer von SCO Deutschland. Hinter diesem Disput steht die Frage, welche Geschäftsbereiche von SCO einen ökonomischen Wert besitzen, der mit einem geordneten Konkurs noch gerettet werden kann.

Vor dem Konkursgericht in Delaware schilderten nach Darstellung anwesender Grokker SCO-Juristen wie auch der SCO-CEO DarlMcBride die Zukunft der Firma in rosigen Tönen, sofern die Investorengruppe um Steven Norris zum Zuge kommt und UnXis das Betriebssystem-Geschäft übernehmen kann. Eine von Steven Norris erstellte und offenbar von SCO Japan bezahlte Studie soll den Hinweis enthalten, dass es einen Bedarf für Unix-Systeme in aufstrebenden Ländern wie Russland, China und Brasilien gebe. Auch in dem Geschäft mit mobilen Applikationen sieht McBride eine gute Zukunft, zumal SCO hier gerade die Marke von 10.000 Kunden übersprungen habe. Im Kreuzverhör zu seinen Angaben wurde McBride mit der Einschätzung von Hans Bayer konfrontiert, die dieser per E-Mail geäußert haben soll. Danach sei das Mobilgeschäft unbedeutend und verrückt ("weird"), während das Unix-Geschäft ausbaufähig sei. McBride klassifizierte daraufhin die Rolle von Hans Bayer als wenig bedeutenden "German Sales Guy" ab, während die SCO-Anwälte den Richter davon überzeugen konnten, die Mail-Aussagen als bloßes Hörensagen vom Prozess auszuklammern.

Die Taktik, einen Vizepräsidenten kurzerhand ins Aus zu stellen, weil seine Einschätzung des Mobilmarktes der offiziellen Firmenlinie widerspricht, kommt überraschend. Schließlich ist Hans Bayer in die UnXis-Strategie eingeweiht und dementsprechend bereits die Domain unxis.de angemeldet. Widersprüchlich ist auch die Aussage, die der Investor Steven Norris dem Konkursgericht gab: Nach seinen Angaben verhandelte er mit Hans Bayer über das zukünftige UnXis-Geschäft.

Auch in einem anderen Punkte irritieren die Aussagen von Steven Norris wie die vom SCO- und künftigen UnXis-Manager Jeff Hunsacker. Beide gaben offenbar an, dass die künftige Unix-Distributionsfirma UnXis nicht an den gerichtlichen Verfahren der Restfirma SCO interessiert sei. Damit sind vor allem die Prozesse mit IBM, Novell und Red Hat gemeint, in denen es Unix-Copyrights und um möglicherweise nach Linux transferierten Unix-Code oder Unix-Verfahren geht. Im direkten Widerspruch dazu stehen die Vertragsbedingungen des Asset Purchase Agreement (APA). In dem Kaufvertrag ist unter Punkt 12.2 und 12.4 eindeutig davon die Rede, dass sich der Verkäufer (SCO) verpflichtet, die juristischen Auseinandersetzungen mit Autozone, IBM Novell und Red Hat fortzusetzen. Hält der Verkäufer diese Abmachung nicht ein, so ist der Käufer (UnXis) berechtigt, nach einer schriftlichen Warnung und einer Frist von 30 Tagen den Kampf um die SCO-Rechte aufzunehmen.

Nach der 12-stündigen Verhandlung hat der Konkursrichter mehrere Möglichkeiten. So kann er SCO in die Liquidierung nach Chapter 7 schicken. Er kann aber auch einen unabhängigen Konkursverwalter einsetzen, der die Geschäfte von SCO nach Chapter 7 oder Chapter 11 des US-amerikanischen Konkursrechtes fortführt. Dabei würde SCO-Chef Darl McBride die Kontrolle über die SCO Group verlieren und müsste alle Geschäftsunterlagen herausgeben, die derzeit größtenteils als geheim deklariert sind. Möglich ist auch eine Anordnung, die SCO zum Verkauf oder zur Auktionierung einzelner Geschäftsbereiche verpflichtet. Davon unberührt könnten die an andere Interessenten verkauften juristischen Auseinandersetzungen weiter laufen, während SCO selbst abgewickelt wird.

Zu den Entwicklungen in dem Streit, den SCO mit IBM, Novell und der Open-Source-Gemeinde um SCO-Rechte an Unix und angeblich unrechtmäßig in Linux übernommenen Code angezettelt hat, siehe den Online-Artikel in c't-Hintergrund (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)