SCO will IBM-Chef Palmisano im Zeugenstand sehen

Spätestens nächsten Freitag fällt die gerichtliche Entscheidung über die geforderten Beweisdokumente -- und über die Zeugen im Rechtsstreit SCO gegen IBM.

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Von
  • Erich Bonnert

Auch nach der erneuten Anhörung von SCO und IBM braucht Richterin Brook Wells noch einige Zeit, um zu entscheiden, wer von den beiden Streithähnen als erstes die vom Gegner geforderten Unterlagen herausrücken muss. Seit spätestens 12. Dezember waren die Verhandlungen an einem toten Punkt, da keine Partei weitere Unterlagen herausgeben wollte. SCO-Anwalt Mark Heise argumentierte nun erneut, man hätte den Forderungen IBMs nach Beweisen, an welcher Stelle der Linux-Code Rechte von SCO verletze, längst entsprochen. Die geforderten präzisen Angaben über Dateinamen und kritische Code-Zeilen könne man aber erst liefern, wenn man den Source-Code aus IBMs Unix-Derivaten AIX und Dynix untersucht habe. Der beklagte Computerkonzern weiche aber seit Monaten durch Ausreden und gewollten Verzögerungen aus.

IBMs Anwalt David Merriot konterte, man habe den gerichtlichen Verfügungen längst entsprochen. Die überzogenen Forderungen SCOs stellten hingegen eine "ungebührliche Belastung" für seinen Mandanten dar. Merriot verwies dabei auf Präzendenzurteile, in denen Gerichte solche Forderungen von Klägern zurückgewiesen hatten. SCO verlangt von IBM die Aushändigung sämtlicher Derivate und Entwicklungsversionen von AIX und Dynix des gesamten Software-Lebenszyklus, aus denen Teile in die Open-Source-Software Linux gelangt sein könnten. Diese sollen dann mit den von IBM lizenzierten Unix System V Dateien verglichen werden, um signifikante identische Stellen zu finden. Dazu soll IBM auch eine Liste aller Beteiligten Entwickler und Entscheidungsträger aufstellen, mit deren genauer Rolle und Arbeitsgebiet.

Insbesondere pochte SCO auf einen zehnseitigen Report des jetzigen IBM-Chefs Sam Palmisano, der zuvor für IBMs Mitarbeit an Linux wichtige Entscheidungen getroffen haben soll. Heise verlangte von der Richterin, Palmisano sowie Irving Wladawsky-Berger -- IBMs jetzigen Linux-Guru -- als Zeugen zu berufen. Richterin Brooks hatte sichtlich Mühe, sich die Argumente noch einmal geduldig anzuhören, die zu dieser Pattsituation geführt hatten. Sie wollte von SCO wissen, wie schnell man das Beweismaterial untersuchen könnte, falls sie IBM zur Herausgabe der verlangten Dokumente verdonnern würde. Vier Wochen, lautete Heises Antwort.

Dann sollte IBM angeben, wieviel Zeit man zur Vorbereitung und Übergabe der AIX-Dateien brauchen würde. Dies könne in 15 Arbeitstagen abgeschlossen sein, sagte der IBM-Vertreter -- jedoch nur, soweit es um den Source-Code von freigegebenen AIX-Produkten ginge. Wäre der Computerriese gezwungen, alle seit der Lizenzierung erstellten Versionen und Nebenprodukte (mit Angaben zu allen Beteiligten) zu präsentieren, so würden Monate vergehen, behauptete Merriot. Die Richterin widersprach an einer Stelle dem Einwurf des SCO-Juristen, SCO könne ohne die geforderten IBM-Unterlagen ihren Fall nicht abschließend präsentieren. Ansonsten ließ sie aber nicht erkennen, welcher Seite sie zuneigt. Innerhalb einer Woche will Brooks nun entscheiden, welche der Parteien nachgeben und den nächsten Zug machen muss. (Erich Bonnert) / (wst)