SWIFT-Streit: Im EU-Parlament stehen die Zeichen auf Ablehnung

Die letzte Debatte vor der für Donnerstag geplanten Abstimmung der Volksvertreter über die transatlantische Übergangsvereinbarung war von scharfer Kritik an den Inhalten des Vertrags und dem formalen Vorgehen des EU-Rats beherrscht.

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Vor der morgigen Abstimmung des EU-Parlaments über die transatlantische Übergangsvereinbarung zur Weitergabe von Bankdaten war die Debatte am Mittwoch von scharfer Kritik am Abkommen und der Vorgehensweise des EU-Rats beherrscht. Die Spitzen der meisten großen Fraktionen rieten den Abgeordneten im Einklang mit der Empfehlung des Innenausschusses, den Vertrag mit den USA abzulehnen. Parlamentspräsident Jerzy Buzek betonte, dass "wir verantwortlich sind für die Bürgerrechte".

Das vom Rat Ende November im Hauruck-Verfahren beschlossene Interimsabkommen, das US-Behörden weiterhin Einblick in Überweisungsinformationen des Finanznetzwerks SWIFT gibt, atme allein "den Geist der Sicherheitsideologie der Vereinigten Staaten", bemängelte der Chef der Sozialdemokraten, Martin Schulz. Die Übertragungsmöglichkeit großer Datenmengen ohne Spezifizierung befände sich in einem grundlegender Widerspruch zu den Schutzrechten in Europa. Daten dürften in den USA "bis zu 90 Jahren gespeichert werden". Das Parlament könne daher der Vereinbarung nicht zustimmen. Ein spanischer Sozialist sprach sich aber für den Vertrag aus.

Ernst Strasser von der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) bezeichnete das Zustandekommen des Textes als "nicht akzeptabel". Einige Forderungen des Parlaments vom September etwa nach einem Klagerecht und Fristen zur Löschung der Daten seien vom Rat nicht umgesetzt worden. "Wir wollen das weiter besprechen", schloss er sich indirekt der Forderung anderer Christdemokraten nach einer Verschiebung der Abstimmung an. Der CSU-Abgeordnete Manfred Weber wollte einen entsprechenden Antrag nur mittragen, wenn der Rat innerhalb eines Monats ein besseres Abkommen mit den USA aushandeln könne. Das maltesische EVP-Mitglied Simon Busuttil erklärte, im Interesse der Sicherheit der EU-Bürger für die Vereinbarung votieren zu wollen.

Laut Berichterstatterin Jeanine Hennis-Plasschaert müssen die EU-Bürger "Vertrauen haben können in den Datenschutz". Das von den SWIFT-Daten gefütterte Terrorist Finance Tracking Program (TFTP) der USA sei nicht mit europäischen Grundfreiheiten vereinbar. Die Liberale appellierte daher an die Parlamentarier "hart aufzutreten" und keinen "Ausverkauf wichtiger Grundsätze" zu betreiben. Die Sicherheit der Bürger werde nicht in Gefahr gebracht, da es noch andere rechtliche Instrumente für einen Datenaustausch gebe.

Für die Grünen stellte Rebecca Harms klar, dass das Abkommen, das viele als Verstoß gegen geltendes EU-Rechte gewertet hätten, nicht länger in Kraft bleiben dürfe. Die US-Diplomaten, die in den vergangenen Tagen bei den Abgeordneten vorstellig geworden seien, hätten ihr wichtige Einblicke in die "völlig unterschiedliche Rechtsdogmatik in den USA" verschafft. Das fange bei der Definition von Terrorismus an. Es läge daher noch eine große Aufgabe vor dem Parlament, wenn es in dem Abkommen eine effiziente Terrorbekämpfung und einen entsprechenden Grundrechtsschutz garantieren wolle.

Alfredo Perez Rubalcaba bat im Namen der spanischen Ratspräsidentschaft für mehr Zeit, um Rücksprache mit den anderen Regierungsvertretern, der Kommission und den USA nehmen zu können. Er hielt es für machbar, in drei Monaten im Einklang mit einer Erklärung (PDF-Datei) des Rats die Grundlage für eine langfristige Vereinbarung mit stärkeren Datenschutzbestimmungen vorstellen zu können. Die EU-Seite werde auf solide Garantien zur effektiven Aufsicht und zur Löschung der Daten, konkrete Angaben zur Form des Informationsaustauschs und eine klare Zweckbestimmung der Daten drängen, um Data Mining zu verhindern. Bis dahin dürfe der Datenfluss nicht unterbrochen werden. Ähnlich äußerte sich die neue Innenkommissarin Cecilia Malmström. Die Liberale Sophia In't Veld konterte, dass der Rat seit 2007 zahlreiche Möglichkeiten gehabt habe, "das ordentlich zu regeln". (vbr)