Satelliten-Internet: Chinas Rakete "Langer Marsch 6A" sorgt für Weltraum-Chaos

Die oberste Stufe einer chinesischen Rakete, die Breitband-Satelliten ins All brachte, ist auseinandergebrochen und hinterlässt in Erdnähe ein Trümmerfeld.

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 Ein Satellit umkreist die Erde

Symbolbild eines Satelliten

(Bild: Andrey Armyagov/Shutterstock.com)

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Erneut gibt es Ärger mit einer chinesischen Mittelstreckenrakete vom Typ "Langer Marsch 6A". Die oberste Stufe der Rakete zerbrach am Dienstag bei dem Versuch, 18 G60-Satelliten für die geplante Megakonstellation Qianfan (Tausend Segel) für Breitband-Internet ins All zu bringen. Die Raketenstufe befand sich dabei in der erdnahen Umlaufbahn, dem Low Earth Orbit (LEO). Das entstandene Trümmerfeld umfasst mindestens 700 Objekte. Das US Space Command (Spacecom) bestätigte den Vorfall am Donnerstag und verwies auf "über 300 verfolgbare Trümmerteile".

Wenig später erklärte LeoLabs, ein auf die Beobachtung der Weltraumlage spezialisiertes Unternehmen, seine Radare hätten mindestens 700 Objekte entdeckt, die das Auseinanderbrechen des Langen Marschs 6A verursacht habe. Die Zahl der Trümmerteile könne auf über 900 steigen. Den Radardaten zufolge habe sich das Unglück am 6. August gegen 22:10 Mitteleuropäischer Sommerzeit (20:10 UTC) in einer Höhe von etwa 810 Kilometern ereignet, also rund 13,5 Stunden nach dem Start der Rakete im Norden Chinas.

In dieser Region des Alls werde es Jahrzehnte oder Jahrhunderte dauern, bis der Reibungswiderstand mit Teilchen im All und die Anziehungskraft der Erde die Trümmer in die Atmosphäre bringen, erläutert Ars Technica. Beim Sinkflug besteht die Gefahr, dass sich die Umlaufbahnen der Trümmer mit anderen Objekten kreuzen, was zu Kollisionen führen könnte. Neben anderen Satelliten wie den Starlink-Trabanten von SpaceX könnten die Trümmer auch mit der Internationalen Raumstation (ISS) sowie anderen Objekten kollidieren, befürchtet Ars Technica. Die Satelliten-Beobachter von Slingshot Aerospace teilten mit, nach dem Start der G60-Satelliten über 50 Weltraumschrottteile zu verfolgen, "die eine erhebliche Gefahr für LEO-Konstellationen unter 800 km Höhe darstellen".

Das von der Firma Shanghai Spacecom Satellite Technology (SSST) in Angriff genommene Qianfan-Netzwerk soll zunächst aus 1296 Satelliten bestehen, eine Erweiterung auf rund 15.000 ist im Gespräch. Wenn auch nur ein Bruchteil der dafür erforderlichen Starts so viel Weltraumschrott erzeugt wie die Rakete am Dienstag, wäre das Ergebnis eine "bemerkenswerte Zunahme" des Mülls im LEO, moniert Slingshot. Dies unterstreiche die Bedeutung der Einhaltung bestehender Richtlinien zur Eindämmung von Schrott im All und die Notwendigkeit robuster Fähigkeiten zur Weltraumüberwachung.

Das Spacecom konnte nach eigenen Angaben zunächst "keine unmittelbaren Bedrohungen" beobachten. Man führe weiter routinemäßige Bewertungen durch, um Sicherheit und Nachhaltigkeit im Weltraum zu unterstützen. Bereits am 12. November 2022 explodierte eine 6A-Rakete in der am dichtesten besiedelten Region im LEO. Die entstandenen über 500 Fragmente verteilten sich in einer Entfernung von circa 320 bis 1500 km. Wenige Tage davor war die Hauptstufe der größeren chinesischen Rakete "Langer Marsch 5B" unkontrolliert über dem Südpazifik abgestürzt.

(usz)