Schaar fordert Integration von Datenschutz in die Informationstechnik

Der Bundesdatenschutzbeauftragte sieht angesichts der "umfassenden Überwachbarkeit unseres Alltags" Bedarf für eine "neue Ethik der Informationsgesellschaft", in der die Technik stärker die Privatsphäre schützt.

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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht angesichts der "umfassenden Überwachbarkeit unseres Alltags" Bedarf für eine "neue Ethik der Informationsgesellschaft", in der die Technik stärker die Privatsphäre schützt. "Die weiter zunehmende Leistungsfähigkeit der informationstechnischen Systeme macht Konzepte immer wichtiger, die den Datenschutz bereits im Entwurfsstadium berücksichtigen", appellierte Schaar kurz vor der CeBIT an die IT-Hersteller. Während sich im Umweltschutz der Gedanke energiesparender Systeme durchgesetzt habe, sucht man in der Informationstechnik weitgehend erfolglos nach vergleichbaren "datensparenden" Lösungen.

Der oberste Hüter der Privatsphäre hierzulande erinnerte zugleich daran, dass das novellierte Bundesdatenschutzgesetz "bereits seit Jahren den vorrangigen Einsatz von solchen Verfahren gebietet, die keine oder so wenig wie möglich personenbezogene Daten benötigen." Entwicklungen wie die geplante gesetzliche Verpflichtung für E-Mail-Dienste zur Nutzeridentifizierung widerspreche dieser Anforderung aber genauso wie Vorhaben von Fernsehsendern zur nutzerbezogenen Erfassung des Medienkonsums. "Angesichts dieser Entwicklungen trete ich dafür ein, die technologischen Möglichkeiten zur sicheren und unbeobachteten Nutzung elektronischer Geräte und Dienste zu bewahren und auszubauen", betonte der Datenschützer. "Der umfassend registrierte und überwachte Mensch" sei mit "dem Menschenbild unserer Verfassung" nicht in Einklang zu bringen.

Scharfe Kritik übte Schaar an den Bestrebungen von Politikern, den Überwachungsdruck ständig zu erhöhen. "Auch der Staat kommt seiner Verpflichtung zur Gewährleistung des Schutzes personenbezogener Daten nur unvollkommen nach", rügte der Bundesdatenschutzbeauftragte. "Bisweilen drängt sich sogar der Eindruck auf, es gehe ihm in erster Linie darum, die zunehmende Datenfülle für eigene Zwecke zu verwenden". Schaar verwies in diesem Zusammenhang etwa auf die im Raum stehende Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten und die von Schaar bemängelten Forderungen nach Online-Durchsuchungen.

Bei einer Fachveranstaltung Anfang der Woche in Berlin hatte der Datenschützer zudem die Forderung des Bundesrates nach einem schrankenlosen Auskunftsanspruch gegen Provider zur einfacheren Enttarnung von Urheberrechtsverletzern im Internet zurückgewiesen. Rechteinhaber dürfen seiner Ansicht nach nicht ohne richterliche Genehmigung auf die persönlichen Daten von Internetnutzern Zugriff erhalten. Generell werde ein Klima des generalisierten Misstrauens verbreitet, das "uns nicht mehr als verantwortungsbewusste Bürger sieht".

Den Bundesgesetzgeber sieht Schaar unter anderem gefordert, die vielfach geforderte Modernisierung des Datenschutzrechts voranzutreiben. Auch die Voraussetzungen für die Vergabe von Datenschutzgütesiegel seien endlich zu schaffen. Die bereits vor sechs Jahren ins Bundesdatenschutzgesetz aufgenommene Vorschrift zum Datenschutzaudit bleibe bislang wirkungslos, da Berlin immer noch nicht das erforderliche Umsetzungsgesetz vorgelegt habe. (Stefan Krempl) / (anw)