Schadstoffe in Weichplastikködern belasten Angler und Umwelt

Gängige Angelköder setzen gefährliche Phthalate und hormonaktive Stoffe frei, wie eine aktuelle Studie des Thünen-Instituts belegt.

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Konvolut aus verschiedenen Gummiködern für den Angelsport in einer Hand.

Die Studie untersuchte handelsübliche Weichplastikköder auf Schadstoffe und Wechselwirkungen mit der Umwelt. (Bild: Thünen-Institut/Marko Freese)

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Weichplastikköder im Angelsport bereiten Anglern und Umweltschützern zunehmend Sorgen. Häufig gehen diese Köder beim Angeln verloren, liegen dann im Wasser oder Schlick, wobei der Verlust Bedenken über Umwelt- und Gesundheitsrisiken weckt. Diesen Befürchtungen ging ein interdisziplinäres Forschungsteam in einer Studie auf den Grund. Das Team bestand aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Thünen-Institute für Ostseefischerei und Fischereiökologie sowie der Toronto Metropolitan University und der University of Saskatchewan unter Federführung des Thünen-Instituts.

Die Wissenschaftler veröffentlichten die Studie in der renommierten Fachzeitschrift Science of The Total Environment. Die Untersuchung beleuchtet die möglichen Auswirkungen von Plastikködern auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Wie der Informationsdienst Wissenschaft berichtet, analysierte das Forschungsteam 16 handelsübliche Modelle von Weichplastikködern und konzentrierte sich dabei auf die Freisetzung wasserlöslicher Kunststoffzusätze, darunter Weichmacher. Die Ergebnisse zeigen, dass 10 der 16 Köder im 61-tägigen Beobachtungszeitraum verschiedene gesundheitsschädigende Phthalate freisetzten. Zusätzlich entdeckte das Team 45 schwer abbaubare, mobile und giftige Kunststoffzusatzstoffe. Bei der Untersuchung einer Unterprobe von zehn Ködern auf mögliche östrogenartige Wirksamkeit zeigte ein Extrakt hormonelle Aktivität, die vermutlich auf unbekannte Zusatzstoffe zurückzuführen ist.

Auf Nachfrage von heise online teilte der für die chemischen Analysen zuständige Dr. Marko Freese mit, dass im Vergleich zu den Wechselwirkungen von Blei die Auswirkungen der Zusätze von Weichplastikködern bisher noch nirgendwo untersucht wurden. "Das ist ein Novum. Die Umweltwirkung von Blei hingegen ist sehr gut erforscht", so Freese gegenüber heise online. Es ist bekannt, dass Blei, wie die meisten Schwermetalle, sehr giftig sein kann. Dies trifft besonders zu, wenn Blei direkt in den Körper aufgenommen wird, wo es physiologisch wirksam werden kann. Beispielsweise wurden bei verschiedenen Wasservogelarten wie Schwänen und Entenvögeln direkte Sterblichkeiten nachgewiesen, wenn diese beim Gründeln kleine Bleigewichte gefressen hatten. "Dabei handelt es sich meist um Bleischrote, wie sie beim Ansitzangeln oder in der Jagd mit Schrotgewehren verwendet werden", erläutert Freese.

Das Forschungsteam führte parallel zur chemischen Analyse eine Umfrage unter Anglern in Deutschland durch. Dr. Wolf-Christian Lewin berichtete gegenüber heise online, dass man für die Umfrage 191 Angler befragte, wovon 181 an der Studie teilnahmen. Die Mehrheit der Teilnehmenden zeigte sich besorgt über die ökologischen Auswirkungen von Weichplastikködern und forderte eine Kennzeichnung der Inhaltsstoffe sowie gesetzliche Beschränkungen für toxische Substanzen.

Die Umfrage ergab außerdem, dass Kunstköder in der Praxis beim Angeln häufig verloren gehen. Nach der Studie sehen die Wissenschaftler weiteren Forschungsbedarf. Sie fordern die Industrie auf, umweltschonende und gesundheitlich unbedenkliche Angelköder zu entwickeln. Hinsichtlich der Verwendung von Angelblei ist eine europäische Regelung geplant. Für Bleigewichte sind bereits Alternativen auf dem Markt erhältlich, wie Lewin gegenüber heise online betont.

(usz)