"Schädliche Wirkungen": Disney versieht mehrere Filmklassiker mit Warnhinweis

Disney zeigt bei manchen älteren Titeln seines Streamingdienstes einen Hinweis, wenn Stereotype und herabwürdigende Darstellungen enthalten sind.

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"Schädliche Wirkungen": Disney versieht mehrere Filmklassiker mit Warnhinweis

Auf Disney+ wird vor manchen Filmen ein Hinweis gezeigt, der vor rassistischen und anderen Stereotypen warnt.

(Bild: Disney / The Walt Disney Company)

Lesezeit: 4 Min.
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Der Unterhaltungskonzern Disney hat die Filme in seinem Streamingangebot Disney+ einer kritischen Prüfung unterzogen und versieht manche nun mit einem ausführlichen Warnhinweis, der auf enthaltene rassistische Stereotype und ihre negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft aufmerksam macht. Anstatt solche Filme mit umstrittenen Darstellungen zu löschen, will Disney sie im Programm behalten und mit dem Hinweis zu einer Diskussion anregen, schreibt das Unternehmen.

Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Disney manche Filme mit einer knappen und wenig aussagekräftigen Angabe versehen: "Dieses Programm wird so gezeigt, wie es ursprünglich erstellt wurde. Es kann veraltete kulturelle Darstellungen enthalten." Vor kurzem aber erweiterte und präzisierte das Unternehmen den Text und richtete außerdem eine Webseite ein, die den Schritt ausführlich begründet.

Der neue Hinweis lautet: "Dieses Programm beinhaltet negative Darstellungen und/oder Misshandlung von Menschen oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals falsch und sind heute falsch. Anstatt diese Inhalte zu entfernen, wollen wir ihre schädliche Wirkung anerkennen, aus ihnen lernen und Gespräche anregen, um eine stärker integrative, gemeinsame Zukunft zu schaffen."

Zu einigen bekannten Filmklassikern erklärt Disney in dem Beitrag auch, warum dieser Hinweis beim Streamen vorgeschaltet wird. Im Zeichentrickfilm "Aristocats" von 1970 etwa werde eine "chinesische" Katze mit schrägstehenden, schmalen Augen und Hasenzähnen charakterisiert; sie spiele zudem Klavier mit Stäbchen und die Singstimme stamme von einem weißen Schauspieler, der einen asiatischen Akzent nachahme. Dies sei ein stereotypes Bild ostasiatischer Menschen als "immerwährender Ausländer". Außerdem enthalte der Film Dialogpassagen, die die chinesische Sprache und Kultur verspotteten.

Weitere Zeichentrickfilme, denen der Hinweis vorgeschaltet wird: "Peter Pan" (1953) enthalte stereotype Darstellungen amerikanischer Ureinwohner, die als "Rothäute" bezeichnet würden; außerdem persifliere die Titelfigur Kleidung und Verhalten der Ureinwohner und verhöhne sie dabei. In "Dumbo (1941) spiele die Gruppe der Krähen auf bestimmte musikalische Revuen an, in denen weiße Sänger mit schwarz geschminkten Gesichtern und in Lumpen sich über afroamerikanische Sklaven auf den Plantagen der US-Südstaaten lustig machten.

In dem Realfilm "Swiss Family Robinson" (1960, deutscher Titel "Dschungel der 1000 Gefahren") schließlich würde die Piraten als barbarische Eindringlinge aus dem Fernen oder Mittleren Osten dargestellt, sprächen in unverständlichen Sprachen und hätten gelb oder braun geschminkte Gesichter. Weitere Filme, die Disney mit dem Hinweis versieht, sind "Das Dschungelbuch" (1967) sowie "Lady and the Tramp" (1955, deutscher Titel "Susi und Strolchi")

Disney erwähnt, dass es die eigene Filmsammlung weiterhin sichte und bei Bedarf auf unangemessene oder negative Darstellungen hinweisen werde. Das Unternehmen bekenne sich zu Vielfalt und Inklusion und wolle, anstatt Inhalte zu löschen, lieber zu Diskussionen anregen und ein offenes Gespräch darüber führen, wie die Vergangenheit auf die heutige Gesellschaft wirke. Ob der Hinweis auch außerhalb Nordamerikas oder in anderen Sprachen erscheint, erwähnt das Unternehmen nicht.

Man könne die Vergangenheit nicht ändern, aber aus ihr lernen und eine Zukunft gestalten, "von der das Heute nur träumen kann", heißt es auf der Webseite etwas pathetisch. Außerdem habe Disney einen externen Beirat eingerichtet, der das Unternehmen in Sachen kultureller Kompetenz berate. Damit solle ein Wandel bei der Darstellung bestimmter Communities in den Medien und der Unterhaltungsindustrie vorangebracht werden.

Der Streaming-Mitbewerber HBO hatte im Juni dieses Jahres eine Kontroverse ausgelöst, als er vorübergehend den Hollywood-Klassiker "Vom Winde verweht" ("Gone with the Wind", 1939) aus dem Programm nahm. Zwei Wochen später tauchte der Titel wieder auf und enthält nun einen Warnhinweis, der nach Aussage von HBO den historischen Kontext des Films erläutern und sich von rassistischen Darstellungen distanzieren soll. Das Südstaatenepos "Vom Winde verweht" enthält stereotype und herabwürdigende Darstellungen schwarzer Menschen und zeichnet ein beschönigendes Bild der Sklaverei.

(tiw)