Schäuble und Stegner warnen vor Hysterie um Terroristen-Videos

Das Video, in dem der Abzug der deutschen und auch der österreichischen Soldaten aus Afghanistan gefordert wurde, soll über einen Webhosting-Provider aus Erfurt ins Internet gelangt sein.

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  • dpa

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein schleswig-holsteinischer Kollege Ralf Stegner (SPD) haben angesichts der Diskussion über die jüngsten Video-Terrordrohungen vor Hysterie gewarnt. Die Bedrohungen würden ernst genommen, sagte Schäuble am Sonntag im Deutschlandfunk. Es gebe aber keinen Anlass, "in eine öffentliche Hysterie zu verfallen". Stegner erklärte im NDR: "Wichtig ist, dass man weder verharmlost noch dramatisiert." Er fügte hinzu: "Wir müssen unsere Sicherheitsmaßnahmen, die seit vielen Jahren in Deutschland auf einem hohen Stand sind, fortführen."

Schäuble sagte, die Bundesregierung dürfe nicht den Eindruck erwecken, erpressbar zu sein. Man müsse den Terroristen klarmachen, dass sie freiheitliche Gesellschaften nicht in ihrer Willensbildung beeinflussen könnten. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hatte bereits am Freitag zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für unnötig erklärt. "Zu Panik besteht kein Anlass", sagte er.

Am vergangenen Wochenende hatten sich die Entführer der beiden im Irak verschleppten Deutschen erstmals öffentlich gemeldet und mit der Tötung der Geiseln gedroht, sollte die Bundeswehr ihren Afghanistan- Einsatz nicht beenden. Die 61-jährige Frau, die seit 40 Jahren im Irak lebt, und ihr 20-jähriger Sohn sind seit dem 6. Februar in der Gewalt ihrer Entführer. Am vorigen Wochenende war eine weitere Video-Botschaft aufgetaucht, in der ebenfalls der Abzug der deutschen und auch der österreichischen Soldaten aus Afghanistan gefordert wurde. Dieses Video sei über eine Firma aus Erfurt ins Internet gelangt, berichtete die Thüringer Allgemeine unter Berufung auf den Unternehmens-Chef: "Die Spur führt auf einen unserer Computer", sagte Frank Nowag, Vorstandschef der Erfurter Keyweb AG, der Tageszeitung.

In dem Video hatte ein vermummter Sprecher Deutschland und Österreich vor den Folgen des Militäreinsatzes gewarnt. Dazu waren unter anderem Bilder aller Mitglieder des Bundeskabinetts eingeblendet worden sowie die Markenzeichen bekannter deutscher Unternehmen. Das Video war mit nahezu fehlerfreien deutschen Untertiteln versehen. Das Internet-Unternehmen verfüge in Erfurt über mehr als 5000 Server, die an Geschäftskunden und über diese an Privatkunden weitervermietet würden, hieß es.

Der Islamrat für Deutschland rief die Kidnapper auf, ihre Geiseln sofort freizulassen. Der Vorsitzende Ali Kizilkaya sagte der Bild am Sonntag: "Diese Entführung hat mit dem Wesen unserer Religion nichts zu tun und findet auch im Koran keine Rechtfertigung. Ich appelliere im Namen der Menschlichkeit an die Entführer: Lasst die unschuldigen Geiseln unverzüglich frei."

Laut Focus sieht das BKA nach der Veröffentlichung des jüngsten Videos die Sicherheitslage der deutschen Soldaten in Afghanistan als weiter verschlechtert an. Eine klare Mehrheit der Bundesbürger spricht sich dafür aus, die deutschen Soldaten vollständig aus Afghanistan abzuziehen. 57 Prozent plädierten dafür, wie eine Umfrage des Instituts TNS Forschung im Auftrag des Spiegels ergab. Erheblich weniger – 36 Prozent – halten es nach eigenen Angaben für richtig, das militärische Engagement fortzusetzen. Nur 4 Prozent der 1000 Befragten sagten, die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan solle verstärkt werden. (dpa) / (jk)